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Wirtschaft ausserhalb politischen Streits. Und die
weiter rollende Zeit überdeckte alsbald das Durch
lebte.
Sieben Jahrzehnte sind seit 1939 vergangen,
sechseinhalb Jahrzehnte seit dem Kriegsende. Wir
Heutige können uns jene Zeit kaum konkret, von Tag
zu Tag, vorstellen. Personen indes, welche jene Jah
re als Kinder, Schüler oder junge Erwachsene erleb
ten, haben zweifellos bis heute vieles in Erinnerung
behalten. Ihr Wissen und ihre Erfahrungen sollten
bewahrt werden. Hier winkt dem Historischen Ver
ein ein Oral History-Feld. Immerhin hat vor kurzem
eine Gymnasiastin ein sehr schöne Facharbeit zur
Rationierung in Liechtenstein verfasst."
Ins neue liechtensteinische Oberstufen-Lesebuch
von 1938, das dann 1940 erschien, setzte der Künst
ler Johannes Troyer ein ganzseitiges Bild, als Innen
titel und gewissermassen als Programm für die
dann in den Kriegsjahren heranwachsende Schulju
gend. 99 100 Es zeigt Schloss und Kirche, Schafe und
Weinberg, Acker und Ähren, Stube und Tisch, Eltern
und Kinder. Jene Bildszenen oszillieren eigentüm
lich zwischen Idylle und Abgrund der Zeit. Neben
ernstem Arbeitsfleiss und religiöser Zuversicht tre
ten die Sorge ums tägliche Brot und die Unsicherheit
des Lebens hervor.
Und so liegt nach Betrachtung dessen, was da
mals war, die Frage nicht fern: Sind wir heute sicher,
dass nicht einmal wieder Rationierung und Mehran
bau notwendig werden könnten?
99) Kathrin Rohrer: Die Rationierung der Lebensmittel während der
Zeit zwischen 1939 und 1948 im Fürstentum Liechtenstein. Fachar
beit in Geschichte (bei Lehrer Georg Wanger), Liechtensteinisches
Gymnasium, 2008, Ms.
100) Lesebuch, Vaduz 1938 (erschienen 1940).