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tungsartikeln und Feld-Demonstrationen. Im Tal
wurde gerodet, Rietflächen und schlechte Wiesen
wurden umbrochen. Mittels Bodenproben wurde
der Bedarf an Phosphor-, Kali- oder Kalkdüngung
ermittelt. Sä- und Dreschmaschinen wurden ange
schafft, Traktoren auf Holzvergaser umgebaut. Das
Land half mit Subventionen. 69
Schon 1941 wurden so neue Ackerflächen ge
wonnen, etwa das Gebiet «Sand» in Triesen, je
100 000 Klafter (knapp 40 ha) in Schaan und in
Eschen, 40 000 in Gamprin, 70 000 im Vaduzer Riet,
grössere Flächen in Mauren. 70 Der Anbauplan für
1941/42 sah einen weiteren Mehranbau von zu
sammen 430 000 Klaftern und damit eine Auswei
tung der Ackerfläche um 15 Prozent vor. 71 Aber ein
Jahr später zeigte sich im September 1942, dass vie
le Gemeinden den Anbauplan bei weitem nicht er
füllt hatten. Die meisten kamen nicht einmal auf die
Hälfte des vorgeschriebenen Mehranbaus. Mauren
hatte statt des geforderten Mehrs von 60 000 Klaf
tern gerade 4 000 geschafft, Eschen statt 50 000 nur
18 000. Für 1943 wurde nun jeder Gemeinde die
Defizit-Fläche von 1942 und eine neue zusätzliche
Fläche vorgeschrieben, so zum Beispiel Triesenberg
30 000 Klafter (Defizit 19 000 plus neu 11 000). 72
AUFRUF AN ALLE PFLANZER
März 1943 (Auszug)
«Dank einer gütigen Vorsehung, dem Anbauwerk und
den noch immer möglichen Einfuhren können wir bis
jetzt noch täglich mehrmals unseren Hunger stillen.
Die gegenwärtigen Einfuhrschwierigkeiten ... lassen
für unsere zukünftige Ernährung, soweit sich diese
nicht auf die eigene Produktion stützt, keine grossen
Hoffnungen zu.
Fürstliche Regierung
Dr. Hoop»
Es scheint, dass die Ziele zu hoch gesteckt waren.
Die Regierung war besorgt. Sie erliess am 17. März
1943 eine brüsk formulierte Verordnung: Wer die
vorgeschriebene Anbaupflicht nicht erfülle, mache
sich strafbar. 73 Sie richtete einen öffentlichen «Auf
ruf an alle Pflanzer»:
«Dank einer gütigen Vorsehung, dem Anbauwerk
und den noch immer möglichen Einfuhren können
wir bis jetzt noch täglich mehrmals unsern Hunger
stillen.Die gegenwärtigen Einfuhrschwierigkeiten
... lassen für unsere zukünftige Ernährung, soweit
sich diese nicht auf die eigene Produktion stützt,
keine grossen Hoffnungen zu....»
Noch müsse man 60 Prozent des Brotgetreides
einführen. Falls Getreideeinfuhren wegfallen soll
ten, könnten auch Kartoffeln und Gemüse diese nie
ausgleichen. 74
Es nützte, aber nicht durchwegs. Die Listen der
«Anbausünder» der einzelnen Gemeinden vom
Frühjahr 1943 waren lang. In Vaduz zum Beispiel
hatten bis zum Mai 1943 von insgesamt 428 Pflan
zern deren 148, rund ein Drittel, noch zuwenig an
gebaut. Unter den Vaduzer Säumigen waren auch
Prominente, der Landesbankdirektor, Rechtsanwäl
te, auch Regierungschef Hoop, der letztere hatte erst
30 der ihm vorgeschriebenen 200 Klafter bepflanzt.
Die Regierung mahnte alle. 75
LANDDIENST
Es mangelte zusehends an landwirtschaftlichen Ar
beitskräften. Um für die existenzielle Nahrungsmit
telproduktion genügend Arbeitskräfte sicherzustel
len, führte man in Liechtenstein daher schliesslich
einen sogenannten «Landdienst», ein, oft auch als
«Landjahr» bezeichnet. Eine ähnliche, allerdings
viel differenziertere «Arbeitsdienstpflicht» gab es
auch in der Schweiz. 76
Im Rechenschaftsbericht 1941 klagte die Regie
rung:
«Liechtenstein leidet, so grotesk dies klingen mag,
an einer bedenklichen Landflucht. Die bäuerliche
Jugend wendet sich immer mehr von der landwirt
schaftlichen Arbeit anderen Berufen zu.» 77