LEUCHTENDE ZEUGEN DER ZEIT
PETER GEIGER
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Um magisch leuchtende Glasmalereien zu bewun
dern, mag man die Kathedrale von Chartres, den
Kölner Dom, das Berner Münster, das Zürcher Frau
münster oder die Klosterkirche von Königsfelden
besuchen. Oder man sieht sich einfach in den Pfarr
kirchen und Kapellen der eigenen Gegend, wo im
mer in Europa, mit offenen Augen um, zum Beispiel
im Sarganserland, im Werdenbergischen, in Vorarl
berg - oder im Fürstentum Liechtenstein. Denn im
ehemals bäuerlich-dörflichen Ländchen, wo man
wenig vermuten würde, sind in den Pfarrkirchen
und Kapellen der elf Gemeinden Glasmalerei-Fens
ter in erstaunlicher Vielfalt zu entdecken. 1
In diesem Beitrag soll nach allgemeinen Bemer
kungen zu Glas und Technik der Glasmalerei auf die
in Liechtenstein beobachteten Stilepochen, Inhalte,
Künstler, Werkstätten und Stifter hingewiesen wer
den. Zur Übersicht über alle Kirchen und Kapellen,
in welchen es in Liechtenstein Glasmalerei gibt oder
(soweit bekannt) gab, sind diese unten in zwei Lis
ten chronologisch zusammengestellt. Die erste
reicht bis 1945, die zweite danach weiter bis heute.
Wer weiter Detailliertes zu diesen kirchlichen
Kunstwerken und ihrem jeweiligen Kontext in Ge
bäuden und Zeit wissen möchte, findet Hinweise in
der am Schluss angeführten Literatur.
Der vorliegende Beitrag ist auch als Anregung ge
dacht, die Kunstwerke selber vor Ort zu besuchen.
Die Kirchen sind offen. Bei manchen Kapellen sind
die Schlüssel zu erfragen, etwa im nahen Gasthaus
(so zu Rofenberg im «Hirschen», im Steg und auf
Masescha im jeweiligen Kurhaus), bei der Gemeinde
(so in Planken, zu Mariahilf in Balzers) oder beim
Mesmer (so in Schaanwald). Anders auch als bei
grossen Kathedralen liegen die Glasmalereien bei
uns zum Greifen nahe vor Augen.
GLAS UND GLASMALEREI
Glas wird gewonnen, indem man, vereinfacht ge
sagt, Quarzsand (SiCU) und weitere mineralische
und metallische Stoffe (Oxide von Silber, Blei, Mag
nesium etc.) auf etwa 1600 Grad Celsius erhitzt und
dann abkühlen lässt. Die flüssige Masse nimmt im
Erkalten und Erstarren bei etwa 600 Grad die Glas
struktur an, auf der molekularen Ebene eine
unregelmässige (amorphe) Netzstruktur. Glas ist
lichtdurchlässig und je nach mineralischen Beimen
gungen farbig - Silberoxid zum Beispiel erzeugt im
Glas Gelb -, zugleich ist es hart, brüchig und korrosi
onsbeständig. Seit dem Hoch- und Spätmittelalter
wurde Glas zusehends für Fenster verwendet. Grös
sere Glasfenster mussten wegen der Brüchigkeit aus
kleinen Teilen zusammengesetzt werden, etwa als
Butzen oder für Figuren und Ornamente in Mosaik
teilen unterschiedlicher Form und Farbe. Bedurfte
etwa ein Gesicht feinerer Zeichnung, so wurde diese
auf dem Glasteil mit Schwarzlot oder Emailfarbe
ausgeführt und ebenfalls im Verglasungsverfahren
eingebrannt.
Die Architekten der Gotik öffneten dank Spitzbo
gen und Strebensystem die Wände für grosse Fens
terflächen, so wurden monumentale Fenster und
Rosetten mit Glasmalerei möglich. Den gotischen
Rosetten ist die heute in der Westwand der Schaa-
ner Pfarrkirche schwebende, reich ornamentierte
neugotische Rosette der 1890er Jahre nachgebildet.
Ebenso erinnern die 1965/66 entstandenen grossen
Chorfenster der Vaduzer Pfarrkirche an die monu
mentalen gotischen Kathedralenfenster.
1) Erweiterte Fassung des vom Autor im Jahre 2008 in der Zeit
schrift <Terra plana>, Zeitschrift für Kultur, Geschichte, Tourismus
und Wirtschaft, Meis, Nr. 3/2008, S. 3-9, publizierten Beitrags, der
bei der dortigen Leserschaft viel Beachtung gefunden hat. Die JBL-
Redaktion dankt dem <Terra plana>-Redaktor Josef Tschirky für das
Einverständnis und die freundliche Kooperation. Im vorliegenden
Beitrag sind zusätzliche Bilder ausgewählt worden, so dass mög
lichst jede Gemeinde, jedes Gebäude und alle Künstlerpersonen
vertreten sind.