Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2010) (109)

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Würdigung und Ausblick 
aus historischer Sicht 
Verfassungsrevision von 2003 
Die Verfassungsrevision von 2003 und die folgende 
Reorganisation des Gerichtswesens dessen den Be 
stand an Gerichten und insbesondere die Art und 
das Mass der Laienvertretung in ihnen im Wesentli 
chen unverändert. Für den neu gebildeten Verwal 
tungsgerichtshof, den Staatsgerichtshof und den 
Obersten Gerichtshof wurde eine Mehrheit von 
rechtskundigen Richtern zwingend vorgeschrieben. 
Neu wurde für alle Richter ein einheitliches Bestel 
lungsverfahren eingeführt. Die Richter werden vom 
Landesfürsten ernannt, nachdem sie mit dessen Zu 
stimmung dem Landtag zur Wahl empfohlen, gege 
benenfalls in einer Volkswahl bestimmt worden 
sind. In diesem Bestellungsvorgang findet der in der 
Verfassung begründete Dualismus der in Fürst und 
Volk verankerten Staatsgewalt und Souveränität auf 
andere Weise Ausdruck. Er zeigt sich auch in der 
Aussage, wonach die gesamte Gerichtsbarkeit «im 
Namen des Fürsten und des Volkes» ausgeübt wird. 
Das neue Auswahl- und Bestellungsverfahren been 
dete zudem die 1881 einsetzende besondere 
Rechtstradition der Bestellung der Laienrichter in 
Schöffen- und Kriminalgericht allein durch den 
Landtag. Die Laienbeteiligung an der Gerichtsbar 
keit wurde weder bei der Verfassungsrevision noch 
bei der Folgegesetzgebung grundsätzlich näher un 
tersucht oder in irgendeiner Weise in Frage gestellt. 
GRÜNDE FÜR DIE HEUTIGE LÖSUNG 
In der Geschichte des Laienrichtertums in Liechten 
stein können im Wesentlichen die Gründe für die 
heutige Lösung der Laienbeteiligung in der Ge 
richtsbarkeit erkannt werden. Die geltenden Rege 
lungen wurzeln einerseits in der Übernahme von 
Entwicklungen im Ausland, andererseits in Beson 
derheiten der liechtensteinischen Verfassungsge 
schichte. 
ÜBERNAHME VON NORMEN UND ORGANI 
SATIONSFORMEN AUS DEM MITTELEURO 
PÄISCHEN RECHTSKREIS 
Ein Hauptgrund für die gegenwärtige Lösung der 
Laienbeteiligung an der Rechtsprechung in Liech 
tenstein liegt in der Übernahme von Normen und 
Organisationsformen, die sich in den Territorien des 
mitteleuropäischen Rechtskreises herausgebildet 
haben, zu dem auch das heutige Fürstentum Liech 
tenstein gehört. Die Gerichtsorganisation in unserer 
Region war über ein Jahrtausend insbesondere ge 
prägt durch den Gang der Verhältnisse im Alten 
Deutschen Reich, später wesentlich durch die Re 
zeption österreichischen Rechts und seit dem 20. 
Jahrhundert auch durch Anlehnung an schweizeri 
sche Vorbilder bei der Ausgestaltung der Verfas 
sung. 
Die Laienbeteiligung war das Ergebnis der Auf 
klärung. Sie forderte die Abschaffung des Inquisiti 
onsprozesses und die Einführung eines Verfahrens, 
das die Persönlichkeit des Beschuldigten achtete 
und ihn zum Subjekt des Verfahrens machte. Eine 
weitere Forderung der Aufklärung war der Gedan 
ke, dass das Volk auch an der Rechtsprechung aktiv 
teilhaben sollte. Die Quelle des Rechts und des Staa 
tes wurde nicht mehr im Herrscher, sondern im 
Volkswillen gesehen. Auch dieser Gedanke führte 
dazu, das Volk durch Bürger als Laienrichter an der 
Rechtsprechung zu beteiligen und diese demokra 
tisch zu legitimieren. 
Die Laienbeteiligung sollte helfen, die eingeführte 
Gewaltenteilung zu sichern, indem die Unabhängig
	        

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