Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2009) (108)

DIE ANFÄNGE DES SELBSTSTÄNDIGEN VORARLBERG GERHARD WANNER Die wirtschaftliche Lage Der wichtigste Produktionsfaktor Vorarlbergs war vor dem Ersten Weltkrieg die Baumwollindustrie und das Stickereigewerbe. Die von den Briten 1915 verhängte Einfuhrsperre von Baumwolle führte zu einem raschen Niedergang der Textilindustrie, zu Kurzarbeit und sogar zu Firmenschliessungen. Erst die Umstellung auf Papiergarnerzeugung für den Heeresbedarf brachte Entlastung. Während des Krieges war der Stickereiverede- lungsverkehr mit Deutschland und vor allem mit der Schweiz zum Erliegen gekommen. Die meisten Stick- maschinen standen still, verrosteten und verfielen dem alten Eisen. Die grosse Zahl der von den Fron- ten heimkehrenden Sticker und Stickereiarbeiter stand arbeitslos und brotlos da.93 Für die Kleinge- werbetreibenden, hauptsächlich Schreiner, Schmie- de und Schlosser, dann für das Baugewerbe fehlten die unentbehrlichen Rohmaterialien. Das Gewerbe- förderungs-Institut versprach Anfang Dezember diese aus Deutschland zu beschaffen.94 Ein weiteres gravierendes Problem ergab sich für das Gewerbe im Finanzbereich, da die Banken Kre- dite einschränkten, kündigten und einen hohen Zinskurs einführten. Geld war auch deshalb knapp geworden, weil Sparer dieses von ihren Konten ab- hoben und zu Hause horteten, vor allem die im Um- lauf befindlichen Gold- und Silbermünzen.95 Das Land Vorarlberg sah sich daher gezwungen, Anfang November 1918 «Notgeld» herauszugeben, da auch die Zulieferung von Kronen aus Wien vorerst nicht möglich war. Als Folge des Bargeldmangels und vor allem weil in Vorarlberg bargeldloser Zahlungsver-Vorarlberger 
Notgeld aus dem Jahr 1919. 87) W. 23., 29. und 30. November 1918, sowie Dreier 1988, S. 163-171. 88) Dreier 1988, S. 175. 89) W, 20. November 1918. 90) W, 19. November 1918. 91) W, 17. November 1918. 92) Ebenda. 93 Wolf, S. 33. 94) 3. La, 3. Dezember 1918, S. 46. 95) Volaucnik 1989, S. 79-82. 81
	        

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