Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2009) (108)

DAS KRIEGSENDE 1918 IN LIECHTENSTEIN UND SEINE AUSWIRKUNGEN / RUPERT QUADERER währleistet, und ausserdem sei es für die Gemein- den schwierig, diese Einbekenntnisse durchzufüh- ren. Der Schaaner Vorsteher forderte, man sollte auch Gewinne aus Schmuggel- und Schieberge- schäften der Kriegsgewinnsteuer unterziehen. Dazu vermerkte allerdings Imhof, dass es dem Ansehen des Staates schaden würde, aus verbotenen Erwer- ben Steuern zu ziehen. Der PiuggeUer Vorsteher meinte, es seien in den Kriegsjahren zwar grössere Gewinne erzielt wor- den. Dafür hätten die Familien aber auch «viermal höhere Ausgaben als früher». Triesen teilte mit, dass die Gemeindevertretung nicht gewillt sei, Assistenz für die Feststellung der Kriegsgewinne zu leisten. Verbesserungsvorschläge würden auch keine gemacht, da schon die vorlie- genden Massnahmen für die durchführenden Orga- ne der Gemeinde kompromittierend sein dürften. Trotz dieser kritischen Reaktionen erliess die Re- gierung am 17. Juni 1918 aufgrund des Landtagsbe- schlusses vom 31. Dezember 1917 die Verordnung «betreffend die Einhebung einer Kriegsgewinnsteu- er».123 Die «Oberrheinischen Nachrichten» und das «Liechtensteiner Volksblatt» gaben dazu ihre Stel- lungnahmen ab: Die «Oberrheinischen Nachrichten» fragten ei- nerseits, warum die Verordnung nicht schon früher erlassen worden sei.124 Andererseits kritisierten die «Oberrheinischen Nachrichten» einige Zeit später, dass nie ein Gesetzesentwurf für die Verordnung pu- bliziert worden sei.125 Zudem fanden die «Oberrhei- nischen Nachrichten», dass der in der Verordnung vorgesehene steuerrechtliche «Offenbarungseid» «der Moral des Volkes mehr schaden als ... den Steu- erbehörden nützen» würde. Auch die in der Verord- nung festgelegte Progression der Besteuerung fan- den die «Oberrheinischen Nachrichten» falsch. Nach ihrer Ansicht sollte diese «insbesondere höhe- re Gewinne erfassen». Das «Liechtensteiner Volksblatt» hingegen unter- stützte die Einführung der Kriegsgewinnsteuer. In einem Kommentar wies es auf den grossen Rück- gang der Einnahmen und auf die erhöhten Aufwen- dungen für Strassen-, Rüfe- und Rheinbauten sowie für die Verwaltung hin.126 Andererseits stellte das 
«Liechtensteiner Volksblatt» eine «eingreifende Umwandlung der Besitzverhältnisse in der Bevölke- rung» fest. Die Kriegsgewinnsteuer führte auch in der Bevölkerung zu Diskussionen und zu Kritik: «Man hört gegenwärtig masslos über die Kriegsge- winnsteuer schimpfen und an den Behörden wird kein guter Faden mehr gelassen», meinte das «Liechtensteiner Volksblatt».127 Im Juni 1918 wurde die Kriegsgewinnsteuer- Kommission bestellt. Ihr gehörten Regierungssekre- tär Josef Ospelt als Vorsitzender, die beiden Landrä- te Meinrad Ospelt und Emil Batliner und Sparkassa- verwalter Karl Hartmann als Mitglieder an.128 Die Kommission nahm im Juli 1918 ihre arbeitsintensi- ve Tätigkeit auf. Sie begab sich in jede Gemeinde, nahm dort die Einbekenntnisse entgegen und be- rechnete danach die zu bezahlende Kriegsgewinn- steuer. Zu diesem Zweck mussten alle jene Perso- nen, welche vom 1. Januar 1917 bis 30. Juni 1918 insgesamt mehr als 1000 Kronen Gewinn in den in der Verordnung aufgeführten Geschäften erzielt hatten, sich vor der Kommission einfinden. 118) LLA LTP 1918, Tagesordnung für die Landtagssitzung vom 14. Oktober 1918; Bericht über die Tätigkeit der Landesnotstands- kommission. 119) Der Antrag lautete: «Der Landtag erkennt mit Rücksicht auf die jetzigen Verhältnisse grundsätzlich die Berechtigung einer Gewinn- steuer an und beschliesst deren Einführung. Die näheren Bestim- mungen erfolgen im Verordnungswege durch die fürstliche Regie- rung im Einvernehmen mit der Landesnotstandskommission.» (LLA LTA Tagesordnung der Landtagssitzung vom 27. Dezember 1917.) 120) LLA RE I918/I046ad49. 21. Februar 1918; Bemerkungen Imhofs in seinem Rundschreiben an alle Ortsvorstehungen. Ebenso LGB1. 1918/Nr. 6, ausgegeben am 25. Juni 1918; «Verordnung vom 17. Juni 1918 betreffend die Einhebung einer Kriegsgewinnsteuer.» 121) LGB! 1918/Nr. 6, Paragraph 1. 122) LLA RE 1918/49; Stellungnahmen von mehreren Gemeinden. 123) LGB). 1918/Nr. 6, ausgegeben am 25. Juni 1918. 124) ON Nr. 27/29. Juni 1918. 125) ON Nr. 30/20. Juli 1918. 126) LVolksblatt Nr. 27/5. Juli 1918. 127) LVolksblatt Nr. 29/19. Juli 1918. 128) LLA RE 1918/2767 ad 49. 25. Juni 1918. LVolksblatt Nr. 27/5. Juli 1918. 53
	        

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