DIE FELDKIRCHER JESUITEN IM KAMPF GEGEN HEXEN UND DÄMONEN / MANFRED TSCHAIKNER Die Fortsetzung der Hexenprozesse im Jahr 1676 vermerkte man in den Jahresberichten wesentlich knapper: Tres de nostris in vicinum comitatum bis evocati ad capitale supplicium damnatis adfuere duces comi- tesque in aeternitatis itinere tutius feliciusque ineundo.65 Drei der Unsrigen waren zwei Mal in die benachbar- te Grafschaft gerufen worden und standen den zum Tod Verurteilten als Führer und Begleiter bei, um si- cherer und glücklicher den Weg in die Ewigkeit an- zutreten. 1676 war es also ebenfalls zu umfangreicheren Ge- richtsverfahren gegen vermeintliche Hexenperso- nen gekommen, deren Akten allerdings bereits für die Abfassung des Salzburger Rechtsgutachtens zu Beginn der 1680er Jahre nicht mehr vorlagen.06 KEINE HEXENPROZESSE IN DEN JAHREN 1677 UND 1678 In den folgenden beiden Jahren fanden keine He- xenprozesse mehr statt, denn in den «Litterae an- nuae» besteht nicht der geringste Hinweis darauf. Sämtliche Fälle, die in meinen früheren Arbeiten auf 1678 datiert wurden,67 gehörten also wohl zu «Dr. Christians Prozessen» von 1675/76. Zur Annahme, dass auch im Jahr 1678 solche Gerichtsverfahren stattfanden, veranlasste mich ein von Peter Kaiser erwähntes Schriftstück, mit dem der Graf den Stän- den die (allerdings noch ausständigen) Konfiskati- onssummen aus den Hexenprozessen der Jahre 1678 und 1679 überlassen haben soll.68 Im Original- dokument ist allerdings nicht von Zauberei oder He- xerei die Rede.69 In den Quellen werden die Hexenprozesse vor 1679 stets ohne Datierung nur als die «letzten Pro- zesse» bezeichnet. Allein von Matthias Beck, Pulver- macher aus Schaan, erklärten seine Kinder in einem undatierten Schreiben, das bei den Akten des Jahres 1682 liegt, dass ihr Vater
vor bey fünf jähren ver- brannt worden sei.70 Diese Angabe stellt ebenfalls
keine präzise Datierung dar und könnte sich durch- aus auf 1676 bezogen haben. Dafür spricht, dass das Schicksal Becks in den Unterlagen seiner 1680 hingerichteten Ehefrau nicht erwähnt wird.71 Hät- ten 1678 tatsächlich Hexenprozesse stattgefunden, wären wohl auch sie - wie jene der so genannten Brüglerischen Gerichtsverfahren von 1679 - einer juristischen Überprüfung unterzogen worden. Wenn es in einem Schreiben der Feldkircher Be- amten von 1681 heisst, die gerichtlichen Hexenver- folgen in Vaduz und Schellenberg hätten nunmehr bey vier jähren hero stattgefunden,72 wurden zwei- fellos auch die Inquisitionen, die den Prozessen von 55) Vorarlberger Landesarchiv, Stadtarchiv Bludenz, 99/20; Tschaik- ner, Teufe] (wie Anm. 12), S. 21. 56) Vgl. Vorarlberger Landesarchiv. Urk. 3474 u. 5445. 57) Tschaikner, Teufel (wie Anm. 12), S. 21. 58) Ludewig (wie Anm. 8), S. 163-164. 59) Ebenda, S. 164-165. 60) BHStA München, Jesuitica, Nr. 112, 1674, S. 58. 61) Kaiser (wie Anm. 14), S. 443. 62) Tschaikner. Teufel (wie Anm. 12), S. 20. 63) Tschaikner, Manfred: Die ersten bekannten Hexen, Landvogt Sandholzer und der verschuldete Graf. Neues zu den Hexenverfol- gungen in Liechtenstein. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein 104 (2005), S. 69-83, hier S. 79-80; ders.: Nutzung oder Instrumentalisierung? Hexenverfolgung und Herrschaftspraxis in Vorarlberg, Liechtenstein und der Stadt St. Gallen. In: Hexenverfolgung und Herrschaftspraxis. Hrsg. v. Rita Voltmer. Trier, 2005 (= Trierer Hexenprozesse. Quellen und Darstel- lungen 7), S. 95-111, hier S. 105. 64) BHStA München, Jesuitica, Nr. 112, 1675, S. 82-83. 65) Ebenda, Nr. 113, 1676, S. 58. 66| Tschaikner, Teufel (wie Anm. 12), S. 21. 67) Ebenda, S. 21. 68) Kaiser (wie Anm. 14), S. 447. 69) Liechtensteinisches Landesarchiv. RA 144/143, fol. 4a. 70) Staatsarchiv Augsburg, Administrationsakten Hohenems. Nr. 2971, fol. 34a; Tschaikner, Teufel (wie Anm. 12), S. 21. 71) Tschaikner, Teufel (wie Anm. 12), S. 174. Auch die Interpretation der Aussage von Udo Kranz aus Vaduz (ebenda, S. 21) passt zu diesem neuen zeitlichen Befund. 72) Ebenda, S. 20. 225