Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2009) (108)

DER EINFLUSS SPANIENS AUF DIE HERRSCHAFTEN VADUZ UND SCHELLENBERG / KATHARINA ARNEGGER den spanischen Niederlanden durchschnitten33 und die Truppentransporte gefährdet. Bei den nun ein- setzenden Einfällen durch schwedische und franzö- sische Truppen erlitten die hohenemsischen Territo- rien nun weitere grosse finanzielle Verluste, von de- nen sie sich nicht mehr wirklich erholen sollten. Ob- wohl sofort 10 000 Soldaten der kaiserlichen Trup- pen die Franzosen im Veltlin bekämpften und auch besiegten,34 bevorzugten die Spanier nun den siche- reren, wenn auch teureren, Seeweg in die Nieder- lande. Durch einen Vertrag mit England war dieser bereits 1630 ermöglicht worden.35 Für den Camino Espahol stellte das einen Bedeutungsverlust da, der sich finanziell gemeinsam mit dem Westfälischen Frieden 1648 zusätzlich zu bestehenden Kriegs- schäden sehr negativ auf die finanzielle Situation der Hohenems auswirkte. Hinzu kam der spanische Staatsbankrott 1652, wodurch keine weiteren Pen- sionszahlungen zu erwarten waren. Mit dem Pyre- näenfrieden 1659 verschwand Spanien schliesslich als Grossmacht in Mitteleuropa und gleichzeitig als Geldgeber der Grafen von Hohenems. Eine Zeitlang klammerten sich die Hohenems noch an die Hoff- nung, dass Spanien wieder seine frühere Bedeutung in ihren Gebieten erlangen würde. Graf Franz Wil- helm von Hohenems unterhielt nach dem Pyrenäen- frieden noch eine Zeit lang eine Kompanie, die er, wenn es in Zukunft wieder notwendig sein sollte, für den Dienst des Königs von Spanien reserviert hatte. Deshalb bat er den Fürstabt des Stifts Pfäfers um die Erlaubnis in Ragaz und Umgebung Soldaten anwer- ben zu dürfen. Die Unterhaltung diese Kompanie fiel den Untertanen in den Herrschaften Vaduz und Schellenberg sehr zur Last, weil sie mit zusätzlichen Steuern verbunden war. Daher reichten die Land- ammänner und Gerichtsleute 1662 schliesslich da- gegen Beschwerde ein.36 Die finanziellen Verluste vergrösserten sich durch die ausbleibenden spanischen Pensionen und die gleichzeitig anwachsenden Kreisabgaben ab der Mitte des 17. Jahrhunderts aufgrund der Türken- und Franzosenkriege. Aus einem Bericht an die Hof- kanzlei in Wien über die Ursachen der Verschuldung der Grafen von Hohenems zu Vaduz erfahren wir, dass die Wurzel allen Übels in einem Vertrag aus 
dem Jahr 1614 zu finden ist. Damals hatte der Graf Kaspar von Hohenems mit den Vaduzer und Schel- lenberger Untertanen einen Vertrag geschlossen, der die Untertanen seitdem lediglich verpflichtete, einen Schnitz, eine Art Reichssteuer, in der Höhe von jährlich 1276 Gulden zu bezahlen. Damit waren die Untertanen von Vaduz und Schellenberg von al- len Reichs-, Kreis- und öffentlichen Abgaben wie auch Kammerzöllen und Präsentationen in alle Zu- kunft befreit. Damals war dem Grafen jedoch noch nicht die Tragweite dieser Abmachung bewusst. In Friedenszeiten war eine jährliche Zahlung in der Höhe von 1276 Gulden ausreichend für den hohen- emsischen Anteil an drei bis vier Römermonaten37 ihres Reichsstandes, um keine Schulden zu verursa- chen. In Kriegszeiten waren diese Abgaben jedoch viel zu gering, wenn die Reichs- und Kreisabgaben anstiegen. Das bedeutete dann nämlich, dass der Anteil der Grafen von Hohenems an den Römermo- naten ihres Kreises statt der veranschlagten 1276 Gulden auf 10 000 bis 12 000 Gulden jährlich an- stieg. Die Differenz mussten die Hohenems aus eige- nen Kammermitteln bestreiten, weil die Bevölke- rung von Vaduz und Schellenberg durch den Vertrag von 1614, wie bereits erwähnt, von diesen zusätzli- 32) Bitte und Bericht von Christoph Anger vom Vaduzer Gericht im Namen der Untertanen von Vaduz und Schellenberg an den Kaiser um speziellen Schutz durch die kaiserliche Kommission vor Graf Ferdinand Karl Franz von Hohenems, 1684 Januar 10, OeStA, HHStA Wien, RHR, Jud. Den. Antiqua [Ant], Kart. 96. Fasz. 1, fol. 53-57. Darin erzählen die Vertreter der Untertanen von Vaduz und Schellenberg, wie, wann und wodurch die Verschuldung der beiden Herrschaften begonnen hatte. Aus diesen Berichten geht auch hervor, dass die Bevölkerung noch am Anfang des 18. Jahrhunderts die Schulden, die im Mantuanischen Erbfolgekrieg aufgenommen worden waren, abzahlte. 33) Ernst, S. 133. 34) Ebenda, S. 142 f. 35) Parker (wie Anm. 2), S. 67. 36) Kaiser, Peter: Geschichte des Fürstentums Liechtenstein. Nebst Schilderungen aus Chur-Rätien's Vorzeit. Chur, 1847. Neu hrsg. von Arthur Brunhart. Vaduz, 1989. Band 1, S. 441. 37) Anm.: Mit Römermonat bezeichnet man eine Kriegssteuer der Reichsstände. - Vgl. Krünitz, Johann Georg: Oekonomische Encyklo- pädie. Band 126, Berlin, 1819, S. 128. 193
	        

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