Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2009) (108)

JOHANN NIKOLAUS VON BRANDIS, GENANNT HANS NICK, ZIRKA 1470 BIS 1517 / KARL HEINZ BURMEISTER Graf Georg II. (Jörg) von Werdenberg-Sargans, be- kannt als der Kesslerkönig, diesen Typus, der die Zeichen der Zeit nicht erkannte und darüber seine gesamten Besitztümer Stück für Stück veräussern musste.118 Und in ähnlicher Weise ist auch Hans Nick von Brandis zu beurteilen. Hans Nick war durch den Makel seiner uneheli- chen Geburt kein vollwertiges Mitglied der Adelsge- sellschaft. Er blieb Zeit seines Lebens der dem Erz- herzog von Tirol, dem König oder auch der eigenen Familie verpflichtete Kriegsmann oder Diener. Es war ihm aber gegeben, von Kindheit an mit seinen Stiefbrüdern und Halbgeschwistern gemeinsam aufzuwachsen: den kriegsgesinnten Brüdern Georg und Matthias von Kastelwart, den späteren Landes- herren Ludwig und Sigmund II. von Brandis, den Geistlichen Johannes, Werner Thüring IV. und Wolf- hart VII. sowie der Schwester Verena. Man war in erster Linie an der Jagd interessiert, an Pferden und Hunden. Alle Geschwister haben Hans Nick als ihres gleichen anerkannt, wie denn überhaupt der Zu- sammenhalt in der Familie Brandis sehr stark aus- geprägt war.119 Hans Nick selbst hat durch seine Verlässlichkeit, seine Treue und Loyalität in militärischen und zivi- len Ämtern seine Stellung innerhalb der Familie fes- tigen können. Keiner seiner Geschwister nahm An- stoss daran, dass Hans Nick ein überliefertes Heil- tum der Familie Brandis, das sozusagen zum Tafel- silber gehörte, der Kirche in Glarus schenkte. Ge- meinsam mit seinen Geschwistern fand Hans Nick auch einen Ausweg aus der verzwickten Lage, in die er und seine Geschwister als eidgenössische Bürger und Anhänger des Hauses Österreich durch den Schwabenkrieg geraten waren. Hans Nick blieb aber immer ein Verfechter von Positionen des Adels und seiner Lebensformen, ge- prägt vom Hochmut gegenüber den Bauern. Das Nichteingreifen der Reiterei in der Schlacht bei Frastanz war natürlich kein Verrat, vielmehr ent- sprach es dem Selbstverständnis des Adels, sich nicht die Hände schmutzig zu machen, wenn Schweizer und Bündner Bauern gegen Vorarlberger und Liechtensteiner Bauern und Tiroler Bergknap- pen kämpften. Aber Hans Nick anerkannte durch-aus 
neue Tugenden in der Kriegsführung, wenn er Hans Wal wegen seiner Tapferkeit begnadigte, nachdem dieser mit seinem langen Spiess drei Rei- ter aus dem Sattel gehoben hatte. Und er machte sich auch Gedanken darüber, dass der Kampf mit den Bauern nicht immer leicht war. Schliesslich suchte er auch den Frieden mit den Eidgenossen und Bündnern, auch wenn die Bemühungen zu- nächst den Zweck verfolgt haben mochten, das Los seiner in Gefangenschaft geratenen Brüder zu ver- bessern. Bei dem Wandel, den Hans Nick in Laufe des Jahres 1499 durchmachte, dürfen seine eigenen Schicksalsschläge nicht vergessen werden, sei es der, dass sein eigener Sohn in die Gefangenschaft der Eidgenossen geriet, sei es der, dass sein Stief- bruder Matthias von Kastelwart in der Schlacht von Dornach sein Leben verlor.120 107) Buss (wie Anm. 78). S. 17. 108) TLA, Raitbücher der o.ö. Kammer, Jüngere Reihe, 1460-1751. Band 50, 1506, Bl. 179 (zit. nach LLA, Karin Auer, Regestensamm- lung TLA). 109) Zu diesen vgl. Hohenbühel, Ludwig Frh. von: Beiträge zur Geschichte des Tiroler Adels. In: Jahrbuch d. k.k. herald. Ges. «Adler» NF 1 (1901), S. 43-170, bes. S. 52-54. 110) Bütler (wie Anm. 2), S. 147. Anm. 4. 111) Ostertag, J. v. (Hrsg.): Ettliche Chronickwürdige Sachen durch Ludwig Feeren der Zytt Stattsehrybern zu Lucern beschriben, Anno 1499. In: Der Geschichtsfreund 2 (1845), S. 131-148, hier S. 138 f., zit. nach LUB II digital. 112) Bütler (wie Anm. 74), S. 170; Feer bei Ostertag (wie Anm. 112), S. 138. 113) Feer bei Ostertag (wie Anm. 111), S. 138. 114) Bütler (wie Anm. 74), S. 170. 115) Bütler (wie Anm. 2), Stammtafel nach S. 150. 116) TLA, Raitbücher der o.ö. Kammer, Jüngere Reihe, 1460-1751, Band 57, 1511, Bl. 152 v (zit. nach LLA, Karin Auer, Regestensamm- lung TLA). 117) TLA, Raitbücher der o.ö. Kammer. Jüngere Reihe, 1460-1751, Band 65, 1517, Bl. 107 v (zit. nach LLA, Karin Auer, Regestensamm- lung TLA). 118) Liver, Peter: Graf Jörg von Werdenberg. In: Bedeutende Bünd- ner aus fünf Jahrhunderten 1. Chur, 1970, S. 9-23. 1191 Bütler (wie Anm. 2), S. 3. 120) Schanze (wie Anm. 73), S. 310. 181
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.