DIE URBARE DER GRAFSCHAFT VADUZ DORIS KLEE auf den in Konfliktfällen zurückgegriffen werden konnte. Dies erklärt auch die Praxis der Abschriften, deren Herstellungsmotive aus den jeweiligen zeitge- nössischen Notizen erschlossen werden können. Mit der Schaffung einer Abschrift lag dem Benut- zer ein Arbeitsinstrument vor, das der normativen Organisations- und Rechtspraxis dienlich war und auf das er bei Bedarf direkten Zugriff hatte. Dane- ben diente eine Urbarabschrift wie beim Beispiel des Landammanns Basil Hopp zugleich auch als Symbol der Amtsgewalt, indem das von diesem selbst in Auftrag gegebene «Handbuch», welches dem Urbar denselben Rang wie dem Landsbrauch, der Erb- und Gantordnung, der Ordnung für das Malefiz- und Zeitgericht, der Polizeiverordnung so- wie der Eidformel für die Geschworenen zusprach, bei den verschiedenen Amtshandlungen repräsen- tativ mitgeführt werden konnte. Bei der Untersuchung des Gebrauchs der Urbare konnte gezeigt werden, dass deren Benutzung ihren schriftlichen Niederschlag in der Verwendung des Urbars als Erklärungsmittel zu einzelnen Einträgen, als Rechtsmittel bei Handänderungen oder als In- formationsmittel über die Rechtsgrundlage oder den «Urzustand» fand. Als Benutzer der Urbare zeigten sich durchwegs Amtspersonen der jeweili- gen Landesherren. Über den Aufbewahrungsort des brandisischen Urbars lassen sich keine Aussagen machen, da kei- ne der in dieser Arbeit behandelten Schriftstücke darauf Bezug nimmt. Das sulzisch-hohenemsische Urbar befand sich in verschiedenen Fassungen an verschiedenen Or- ten. Da ausschliesslich Amtspersonen als Benutzer erscheinen, ist davon auszugehen, dass der jeweili- ge Landvogt im Besitz einer Abschrift war oder Zu- griff auf das vaduzische Original hatte, während der Landammann sich bei Bedarf selbst eine Abschrift besorgen musste. Ein weiteres Original, das Stock- urbar, befand sich beim Landesherrn im Hohen- emser Archiv. Es ist davon auszugehen, dass bei der Aufarbei- tung der verschiedenen Archive weitere Urbarfrag- mente, wenn nicht sogar Originale oder ganze Ur- barabschriften zum Vorschein kommen werden.
Ebenso wird die Erfassung der frühneuzeitlichen Schriftstücke wohl weitere Querverweise zu Tage fördern, mittels deren Rückschlüsse auf das urba- riale Schriftgut der Grafschaft Vaduz gemacht wer- den können. 159