Schluss Da die Resultate der Kapitel bereits in den jeweili- gen Schlussabschnitten zusammengetragen wur- den, sollen hier lediglich die Hauptergebnisse zu- sammengefasst und zueinander in Beziehung ge- stellt werden. ÜBERLIEFERUNG Es konnte gezeigt werden, dass das brandisische Urbar in der heute vorliegenden Form nicht der ur- sprünglichen Fassung entspricht. Zum eigentlichen Korpus gehörten weitere Rubriken sowie das erhal- tene Fragment über die zu leistenden Frondienste. Anhand des sulzisch-hohenemsischen Urbars konn- ten die Rubriken «Wald» und «Weingarten» erschlos- sen werden, die in der heute erhaltenen Fassung des brandisischen Urbars fehlen. Im Gegensatz dazu liegt das sulzisch-hohenemsi- sche Urbar in seiner vollständigen Fassung vor. Das strenge Gliederungsprinzip, welches durch die Vor- lage des Hohenemser Urbars gegeben war, wurde konsequent angewendet. Die Abschriften A und B/C basieren auf zwei verschiedenen Vorlagen. Diejeni- ge von Abschrift B hatte wie Abschrift C das vaduzi- sche Original als Vorlage. Beim neu aufgefundenen Urbar handelt es sich mit grosser Wahrscheinlich- keit um dieses vaduzische Original. DATIERUNG Aufgrund von Quervergleichen mit anderen Schrift- stücken wurde belegt, dass das brandisische Urbar später als bisher angenommen entstanden ist. Das Urbar wurde während oder nach dem Herrschafts- wechsel von den Freiherren von Brandis an die Gra- fen von Sulz zwischen dem 5. Juni 1509 und dem 28. Oktober 1517 hergestellt. Die für das brandi- sische Urbar verwendeten Entwürfe von derselben Hand, welche als Fragmente erhalten sind, müssen deshalb etwas älter als das Urbar sein. Ebenfalls im Zusammenhang mit einem Flerr- schaftswechsel steht die Herstellung des sulzisch- hohenemsischen Urbars, dessen Abfassung zwi-schen
dem 13. Juni 1612 respektive zwischen 1613 und dem 17. Juni 1617 erfolgte. Das Urbar steht im direkten Zusammenhang mit den Urbaren von Ho- henems und Lustenau, welche auf das Jahr 1612 respektive 1618 konzipiert sind, da Graf Kaspar von Hohenems, der 1613 die Herrschaften Vaduz und Schellenberg kaufte, in allen seinen Besitzungen Ur- bare erstellen liess. ENTSTEHUNG UND BENUTZUNG Klar formulierte, schriftliche Motive für die Herstel- lung der beiden Urbare sind weder quellenimma- nent noch anderweitig bekannt. Beide Urbare sind aber im Zusammenhang mit einem Herrschafts- wechsel entstanden. Für die Herstellung des brandisischen Urbars konnte auf keine Vorlage zurückgegriffen werden. Es mussten deshalb Grundlagenerhebungen ge- macht werden, welche vermutlich dorfweise durch- geführt wurden. Bei der Niederschrift dienten so- wohl die vorhandenen Fragmente von gleicher Hand als auch die vorgelegten Lehensbriefe als Vor- lagen. Während die Fragmente vor der Reinschrift redigiert wurden, sind die Angaben des Lokalisie- rungssystems direkt aus den Lehensbriefen in das Urbar übernommen worden. Bei der Herstellung des sulzisch-hohenemsi- schen Urbars diente inhaltlich das brandisische Ur- bar, formal hingegen das Hohenemser Urbar als Vorlage. Dabei wurden Einträge direkt oder leicht gekürzt aus dem brandisischen Urbar übernom- men. So war es möglich, die Lehensobjekte mit den entsprechenden Lehen im brandisischen Urbar zu verknüpfen. Auch sonst wurde verschiedentlich auf das ältere Urbar verwiesen. Dadurch fügte sich das sulzisch-hohenemsische Urbar in eine Traditions- kette ein und legitimierte sich auch durch den Ver- weis auf das ältere Urbar. Mit der Schaffung eines Urbars hatten die jeweils neuen Landesherren ein Instrument in Händen, um ihre Herrschaftsansprü- che zu legitimieren und durchzusetzen. Gleichzeitig dienten die Urbare aber auch als Verwaltungs- schriftgut, indem sie einen «Urzustand» darlegten, 158