Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2009) (108)

Die Urbare wurden demnach auch dazu benutzt, Besitzverhältnisse zu klären und Lehensträger zu aktualisieren. Allerdings kann eine solche Aktuali- sierung der Lehensträger nicht systematisch erfolgt sein, da sowohl im brandisischen als auch im sul- zisch-hohenemsischen Urbar nur selten solche No- tizen zu finden sind. Zudem beziehen sich diejeni- gen des brandisischen Urbars hauptsächlich auf das Jahr 1600. Der Grund, weshalb Juvenalis Kreder in diesem speziellen Fall das brandisische Urbar her- vornahm und auch Aktualisierungen tätigte, muss im Zusammenhang mit dem Urbar als Rechtsmittel stehen. Ihm war es wohl wichtig, die neue rechtliche Situation, welche sich durch seinen Kauf ergeben hatte, schriftlich festgehalten zu wissen. Der Gebrauch der Urbare als Rechtsmittel im Konfliktfall belegt ein Schreiben des Feldkircher Vogteiverwalters Franz Gugger von Staudach an die Kanzlei in Hohenems vom 5. Juli 1693.122 Diese Kor- respondenz steht im Zusammenhang mit einem grösseren Konflikt, in dem es um die Zugehörigkeit von Weiden auf der Alp Guschgfiel ging.123 Damit verbunden musste auch die Abgabe der «Vogelrech- te» geklärt werden. Wie die Korrespondenz belegt, dienten dabei Urbare als Rechtsgrundlage und als Beweisführung der herrschaftlichen Ansprüche. Dass sie als solche genügend Beweiskraft hatten, kann daraus erschlossen werden, dass beim Ab- schluss des Streites 1704 die Abgaben weiterhin nach Vaduz abzuliefern waren.124 Interessant für die vorliegende Arbeit sind vor al- lem die jeweiligen Urbarverweise. In seinem Schrei- ben von 1693 bittet der Feldkircher Vogteiverwalter nämlich seine Nachbarn um eine Abklärung der Rechtslage im Zusammenhang mit diesen Abgaben, da sie das «von Herrn Graf Caspar yber baide Graff- schaften aufgerichte Stockurbarium bei handen ha- ben». Sofern über die Alp Guschgfiel «in gedachtem Urbario» etwas stehe, solle man ihm davon eine Ab- schrift zukommen lassen.125 Die Urbar-Abschrift, die Gugger von Staudach daraufhin erhielt, führte unter den Walgauer Alpen die Alp Guschgfiel an zweitletzter Stelle auf. Dazu liess ihn die Kanzlei Ho- henems wissen, dass der Eintrag im Urbar gestri- chen sei, so dass die Abgabepflicht nicht eindeutig 
daraus hervorgehe. Ansonsten lag der Kanzlei zu diesem Streitfall «kainen andren Bericht als in dem Urbario geben» vor.126 Am 11. August 1693 erhielt Gugger von Staudach nochmals einen Brief von der Kanzlei in Hohenems. Darin wurde ihm mitgeteilt, dass das Urbar, soweit es die Grafschaft Vaduz be- treffe, nochmals durchgesehen worden sei. Dabei habe man unter den Vaduzer Alpen die Alp Guschg- fiel mit dem Zusatz «der Maurer» gefunden.127 Der Konflikt war zwischenzeitlich an das Landes- gericht in Rankweil gezogen worden. Diesem hatten die Administrationsräte der Grafschaft Vaduz am 9. Juli 1693 zur Klärung der Ansprüche eine Ab- schrift aus dem «vaduzischen Urbar» eingereicht.128 Der Streit wurde schliesslich 1704 zugunsten der Herrschaft Vaduz entschieden. Kaspar von Hohenems hatte, wie die Korrespon- denz belegt, nach erfolgter Übernahme von Vaduz und Schellenberg für beide Herrschaften ein Stock- urbar129 erstellen lassen. Es ist daher nicht auszu- schliessen, dass in den verschiedenen Herrschaften, welche nun unter demselben Landesherrn standen, gleichzeitig Urbare erstellt wurden. Im Vorarlberger Landesarchiv befindet sich ein Urbar der Herrschaft Hohenems, welches auf das Jahr 1611 datiert ist.130 Es handelt sich dabei um ein in Leder gebundenes Urbarbuch, welches keine Pa- ginierung aufweist. Im Urbarbuch sind sowohl das Urbar der Grafschaft Hohenems wie auch dasjenige des Reichshofs Lustenau mit Widnau und Haslach zusammengefasst. Eine Einleitung fehlt, über den Anlass der Erstellung ist nichts vermerkt. Sowohl das Urbar der Grafschaft Hohenems als auch dasje- nige für Lustenau ist aber auf ein gewisses Jahr hin konzipiert worden. Die Einträge bei Hohenems nen- nen das Jahr 1612, diejenigen von Lustenau das Jahr 1618.131 Das zweispaltige Konzept und der In- halt des Urbarbuches erinnern deutlich an das sul- zisch-hohenemsische Urbar. Beide Urbare beginnen mit einem geschichtli- chen Abriss, der bis zum jeweiligen Kauf der Graf- schaft durch Kaspar von Hohenems reicht. Beginnt das sulzisch-hohenemsische Urbar mit den Worten «Die Graffschafft Vaducz ist ain uralte Graffschaft», lauten diese beim Hohenemser Urbar: «Die Graf- 152
	        

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