DER TOD GRAF HARTMANNS IV. KARL HEINZ BURMEISTER Allerdings bleibt auch das pauschale Argument Bilgeris zu entkräften, «ein jahrelanger Aufenthalt auf dem Thurgauer Schloss ist unbekannt und wi- derstreitet vollkommen der Lebensgeschichte des Bi- schofs».46 Niemand kann bezweifeln, dass Hartmann am 16. Januar 1416 auf dem Schloss Sonnenberg in Vorarlberg anwesend war. Dennoch kann Hartmann im Thurgau gestorben sein. Für einen solchen letzten Aufenthalt im Thurgau steht ein Zeitraum fast sieben Monate zwischen 16. Januar 1416 und 6. September 1416 zur Verfügung. Von einem jahrelangen Aufent- halt Hartmanns auf dem Thurgauer Schloss kann aber überhaupt keine Rede sein. Da Hartmanns Auf- enthalt in diesen Monaten in erster Linie der Teil- nahme am Konzil in Konstanz galt und seine Anwe- senheit in Konstanz bedingte, reduziert sich seine mehr oder weniger zufällige Anwesenheit auf Schloss Sonnenberg im Thurgau auf allenfalls einige Tage Ende August und Anfang September 1416. Der Auf- enthalt Hartmanns auf Schloss Sonnenberg im Thur- gau muss daher gar nicht zwingend in die Annalen dieses Schlosses oder in Hartmanns eigene Lebens- beschreibung eingegangen sein. Nur wenig aussagekräftig ist die Ladung, mit der Erzherzog Ernst von Österreich am 21. Januar 1416 Hartmann zu einer Tagsatzung am 15. März zu kom- men aufforderte an einen noch unbestimmten Ort in Tirol oder im Inntal.47 Das könnte auf einen Aufent- halt Hartmanns in Sonnenberg in Vorarlberg hin- deuten. Am 21. Januar 1416 mag jedoch Hartmann ohnehin noch im Schloss Sonnenberg in Vorarlberg residiert haben. Was den 15. März 1416 angeht, hat- te man ihm eingeräumt, sich durch einen Anwalt ver- treten zu lassen. Das kann ein generelles Zugeständ- nis gewesen sein, könnte aber auch beinhalten, dass Hartmann auf dem Konzil in Konstanz gewesen ist und von dort unabkömmlich war. Es geht also im Wesentlichen um die Frage, ob Bi- schof Hartmann das Konzil nur einmal oder zweimal besucht hat. Das Konzil dauerte von 1414 bis 1418. Mit Sicherheit ist Bischof Hartmann gegen Ende des Jahres 1414 gemeinsam mit dem Abt von Disentis Peter von Pontaningen (Pontelenga) nach Konstanz gereist.4,5 Hartmann hatte ein Gefolge von 40 Mann bei sich. Während Abt Peter von Disentis erst im
Herbst 1416 zurückkehrte, um dann 1417 ein zwei- tes Mal auf das Konzil zu reisen, kehrte Hartmann be- reits im April 1415 in seine Diözese zurück. Die Acht- erklärung über Herzog Friedrich von Österreich ver- langte sein militärisches Eingreifen; gemeinsam mit Friedrich von Toggenburg und anderen sollte er im Namen des Reiches die Reichsacht gegen Herzog Friedrich vollstrecken helfen, insbesondere wurde Feldkirch belagert und erobert.49 Zugleich hatte Hartmann 1415 auch noch andere Kämpfe mit den Freiherrn von Matsch und die Wiedergewinnung des Puschlav auszufechten.50 Anfang 1416 reiste Hartmann angeblich ein zwei- tes Mal nach Konstanz, um weiterhin an der Kir- chenversammlungteilzunehmen.51 Wenn Hartmann 1416 tatsächlich ein zweites Mal in Konstanz war, so ist ein spontaner Aufenthalt auf Schloss Sonnenberg im Thurgau kurz vor seinem Tod, der ihn dort ereilt hat, durchaus in Betracht zu ziehen. Das Schloss Son- nenberg im Thurgau liegt etwa nur 20 km von Kon- stanz entfernt und war daher für ihn ohne grössere Schwierigkeit zu erreichen. Ein Tod auf Schloss Son- nenberg in Vorarlberg ist in diesem Falle eher un- wahrscheinlich. Die entscheidende Frage ist also, ob Hartmann wirklich ein zweites Mal das Konzil besucht hat. All- gemeine Überlegungen machen das sehr wahr- scheinlich; denn Hartmann war als Inhaber eines dem Bistum Konstanz unmittelbar benachbarten Bistums wohl verpflichtet, an der allgemeinen Kir- chenversammlung teilzunehmen, zu der die Bischö- fe aus der ganzen Welt gekommen waren. Auch die 46) Bilgeri, Liechtensteinisches Urkundenbuch (wie Anm. 14), Band 3, S. 120. 47) Valenti (wie Anm. 15), S. 82. 48) Mohr, Theodor von: Die Regosten der Benedictiner-Abtei Disentis im Canton Graubünden. Chur, 1853, S. 26, Regest Nr. 168: Mayer (wie Anm. 8), S. 424. 49) Mayer (wie Anm. 7). S. 26: Diebolder (wie Anm. 12), S. 123; Bilgeri, Benedikt: Geschichte Vorarlbergs. Band 2. Wien, Köln. Graz. 1974, S. 177-179. 50) Diebolder (wie Anm. 12). S. 123. 51) Mayer (wie Anm. 7), S. 26; Mayer (wie Anm. 8), S. 424. 79