Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2008) (107)

völlig aufgehenden Ehegattin und Mutter in den Köpfen eingeprägt.264 Die ausserhäusliche berufli- che Tätigkeit - sie sollte möglichst von kurzer Dauer sein - wurde als notwendiges Übel und als Abhilfe gegen eine finanzielle Notlage angesehen.265 Auch die katholische Kirche Liechtensteins unterstützte dieses vorherrschende Frauenbild: Eine Mutter hat- te völlig für ihre Familie aufzugehen, wo sie nur konnte. Diese Sicht kam im katholischen Pfarrblatt «In Christo» deutlich zum Ausdruck.256 Es kann da- von ausgegangen werden, dass dieses konservative Frauenbild in Liechtenstein von sämtlichen Gesell- schaftsschichten getragen wurde. Sowohl die Kir- che, der Staat und die Gesellschaft sprachen sich dafür aus. Das erst 1984 eingeführte Frauenstimm- recht ist ein weiteres Indiz dafür. Nicht zuletzt ver- traten auch Teile der Fürstenfamilie dieses bürgerli- che Familienideal und die Beschränkung der Frau auf den häuslichen Bereich. Als Erbprinzessin Ma- rie Anfang der 1980er Jahre einen Schulbesuch an der Mädchenrealschule St. Elisabeth abstattete, propagierte sie noch dieses konservative Frauen- bild und sprach sich für die «von Natur aus beding- tein] Begabungen» von Mann und Frau aus, die sich aus der Schöpfungsgeschichte belegen Hessen.267 Für das Institut St. Elisabeth kann bezüglich des vermittelten Frauenbildes ein Bruch für Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre gesehen werden. Jüngere und «modernere» Schwestern, die neu an die Höhere Töchterschule kamen, sprachen sich zwar immer noch für die Berufung der Frau als Mut- ter aus, standen aber beispielsweise einer Berufs- tätigkeit von Müttern nicht mehr ganz so kritisch ge- genüber. Dass sich eine Mutter aber vorwiegend Zeit für ihre Kinder nehmen sollte, wurde nach wie vor als selbstverständlich angesehen. Mit der Umwand- lung in eine Realschule, der damit verbundenen An- passung an den staatlichen Lehrplan und der Neu- einstellung von weltlichen Lehrern und Lehrerinnen fanden zwangsläufig neue Gedanken und Ideen Ein- gang in die Klosterschule. Mit der Anpassung des Lehrplanes fielen die hauswirtschaftlichen Fächer, auf die in den Jahren der Höheren Töchterschule grosser Wert gelegt wurde, entweder völlig aus dem Stundenplan oder wurden marginalisiert. 
Die Schule blieb zwar nach wie vor von christli- chen Grundsätzen geprägt, die Diversifikation der Lehrer trug dennoch dazu bei, dass nicht mehr die- ses einheitliche Weltbild vermittelt wurde, wie es in früheren Jahren der Fall gewesen war. Den Ordensleuten, die im Liechtensteiner Bil- dungswesen wirkten und insbesondere der Kongre- gation ASC, kann eine überaus bedeutende Rolle in Bezug auf die Herausbildung einer katholischen Identität bei der liechtensteinischen Mädchenju- gend zugeschrieben werden. Die Mädchen, die die Höhere Töchterschule besuchten, waren in den täg- lichen Ablauf des Klosters eingebunden, und man kann zu Recht von einer Sozialisierung - zumindest was die ausserhalb des Elternhauses stattfindende betrifft - durch die Schwestern sprechen. Ein gros- ser Teil der Mädchen besuchte das Institut St. Elisa- beth als Tagesschule und wurde somit den gesam- ten Tag von den Schwestern der ASC umsorgt, gehegt, geschult und auch kontrolliert. Eine Ausdifferenzie- rung und Verstärkung der katholischen Identität an der Schule kann aufgrund der ständigen Umsor- gung durch die Schwestern angenommen werden. Sicherlich muss auch berücksichtigt werden, dass es einige Mädchen gegeben haben mag, denen der streng-katholische Einfluss zu viel wurde und die gerade deswegen aus diesem katholischen Mi- lieu ausbrechen wollten.268 Die streng katholischen Grundsätze, mit denen die Mädchen an der Kloster- schule in Schaan konfrontiert wurden, waren je- doch nicht grundsätzlich neu und waren vom El- ternhaus her bekannte Ideale und moraüsche An- sprüche. Der Gang in die Klosterschule mag jedoch wesentlich dazu beigetragen haben, dass eben die- ses im Elternhause schon erlernte Wissen über christliche Grundwerte nicht verloren ging, sondern im Gegenteil noch verstärkt wurde. Die katholische Identität - vermittelt durch Riten und Bräuche - wurde den Schülerinnen somit nicht von Grund auf angelernt oder sogar aufgezwungen, sondern die Schwestern wirkten diesbezüglich eher im verstär- kenden Sinne. Die Schwestern am Institut St. Elisabeth trugen auf äusserst vielfältige Weise zur Entstehung einer katholischen Kommunikationsgemeinschaft und zur 64
	        

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