Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2008) (107)

Weiterung des Bildungsangebotes für Liechtenstei- ner Eltern keine Kritik zu erwarten. Dem Antrag zur Schulgeldbefreiung an den beiden Schulen wurde von den Abgeordneten einhellig zugestimmt, wobei Dr. Franz Beck222 seine Anerkennung für das Gym- nasium und die Flöhere Töchterschule nochmals kundtat: «Mit der Schulgeldbefreiung am Liechten- steinischen Gymnasium und am Institut St. Elisa- beth wird nicht nur manchen Eltern die Last abge- nommen, sondern gleichzeitig auch die Bedeutung dieser Bildungsstätten für unser Land unterstri- chen.»223 Den Eltern Liechtensteins ermöglichte die- ser Beschluss eine zusätzliche Wahlfreiheit. Hatten Eltern mit einem geringeren Einkommen bis anhin nicht wirklich eine Wahl zwischen den verschiede- nen Schultypen gehabt, da sie für die liechtensteini- schen Privatschulen noch zusätzlich Schulgeld hät- ten berappen müssen, so konnten sie nun unabhän- gig ihrer finanziellen Möglichkeiten die beste Ent- scheidung für ihr Kind treffen.224 Mit der zunehmenden Finanzierung durch die öf- fentliche Hand gewann das Land Liechtenstein auf der anderen Seite vermehrt Mitspracherecht, was die Höhere Töchterschule anbelangte.225 Der Lan- desschulrat und die Regierung nahmen jedoch nicht so sehr aus eigener Initiative Einfluss auf das Insti- tut, vielmehr entwickelte sich langsam eine Anpas- sung an das öffentliche Schulwesen. Schon seit den Anfängen der Schule fanden die Abschlussprüfun- gen am Institut in Anwesenheit des Schulkommis- särs statt. Er befand auch über eine allfällige Lehr- planänderung.226 Im Zuge der Revision des Schulge- setzes 1971 veränderten sich auch einige Regelun- gen an der Höheren Töchterschule. Der Schultyp einer vierklassigen Realschule mit Flandels- und Hauswirtschaftsfächern wurde nicht verändert. Der Lehrstoff der vier Jahre wurde aber auf fünf Jahre verteilt und der bis anhin praktizierte Vorkurs auf- gelöst. Die Schwestern verlangten zudem für ihre Zöglinge ein staatlich anerkanntes Abschlussdi- plom,227 das jedoch erst mit der Umwandlung in eine staatliche Realschule unter privater Träger- schaft 1973 Wirklichkeit wurde. 
ÖKONOMISCHE ÜBERLEGUNGEN DES STAATES IN DER BILDUNGSPOLITIK Die Bildungsarbeit der Ordensleute in Liechtenstein lohnte sich finanziell für die Staatskasse. Sowohl das Liechtensteinische Gymnasium - ehemals Colle- gium Marianum - als auch das Institut St. Elisabeth befanden sich unter privater Trägerschaft von Or- densleuten. An den Volksschulen arbeiteten viele Barmherzige Schwestern aus Zams, später dann auch Anbeterinnen des Blutes Christi, Schwestern des Kostbaren Blutes und Franziskaner Missions- schwestern als Lehrerinnen. Graham Martin hat die Präsenz von Ordensschwestern im liechtensteini- schen Bildungswesen als auffallendes Merkmal des liechtensteinischen Schulwesens und als unent- behrliches Element des öffentlichen Bildungswe- sens Liechtensteins bezeichnet. Vor allem im Kin- dergarten- und Volksschulwesen war Liechtenstein bis Ende der 1960er Jahre auf das Wirken der Lehr- schwestern angewiesen.228 In seiner Studie stellte Graham Martin auch die Wirtschaftlichkeit von Lehr- schwestern für das liechtensteinische Bildungswe- sen dar. Die Tatsache, dass Klosterfrauen von Fami- lienverpflichtungen befreit wären und damit ihrer Arbeit gegenüber meistens besondere Hingabe zeig- ten, führe dazu, dass sie oft fünf bis zehn Jahre län- ger im Schuldienst stünden als ihre männlichen Kol- legen und darüber hinaus noch wesentlich günsti- ger. Er schlussfolgerte: «Das Fürstentum zog gros- sen Nutzen aus den selbstlosen Diensten vieler Ordensschwestern, die lange nach dem normalen Pensionsalter ihre pädagogische Tätigkeit fortsetz- ten.»229 Bis zur Vereinbarung der Regierung mit der ASC- Kongregation über die Schulgeldbefreiung 1969 hatte das Land Liechtenstein in keiner Weise für die als Lehrerinnen am Institut St. Elisabeth tätigen Schwestern aufzukommen. Mit der Übernahme der Schulkosten für die Liechtensteiner Schülerinnen leistete das Land Liechtenstein ab 1969 einen ers- ten, wenn auch so gesehen versteckten Beitrag an die Lohnkosten der Schwestern in Schaan. Im März 1974 berichtete der damalige Schulamtsleiter Dr. Jo- sef Wolf der Regierung über die finanzielle Situation 56
	        

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