Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2008) (107)

LIECHTENSTEIN IN ALTEN SCHILDERUNGEN NORBERT W. HASLER fröhlichen Inhalt übt er sicherlich noch heute auf die kleine und grosse Welt eine anmutige Wirkung aus. Hoch über dem Dorfe thront auf der Felswand die Burg, das Stammschloss der Fürsten von Liechten- stein. Ursprünglich waren Schloss und Land Eigen- tum der Grafen von Hohenems im Vorarlberg. Diese verkauften es aber, stark verschuldet, um die Wende des 18. Jahrhunderts an das Haus Liechtenstein, das 1719 Kaiser Karl VI. in den Fürstentstand er- hob. 1905 wurde das Schloss stilgerecht ausgebaut und bietet seither dem Fürsten, wenn er kommt, eine behagliche Wohnstätte. Er hat seinen Sitz im fürstlichen Palast in Wien und zählt zu den reichsten Adelsgeschlechtern im alten Österreich, was wahr- scheinlich auch dem Ländchen zugute kommt, dem er im besten Wortsinne Landesvater ist. Man hat schon gefragt, warum denn die Liech- tensteiner nicht Schweizer geworden seien, da sie doch nach Sprache und Art zu uns gehören. Aber das fällt ihnen gar nicht ein und zwar aus nahelie- genden Gründen. Fürs erste kennen sie einmal kei- ne Militärpflicht. Sie wurde 1868 aufgehoben. 1866 noch ist ein Trüpplein von zwanzig Mann ins Feld gezogen den Österreichern zu Hilfe, und böse Zun-gen 
behaupten: als sie zurückkehrten, seien es ein- undzwanzig gewesen, da sich ihnen irgendwo in den böhmischen Wäldern bei Königgrätz ein dort- hin verschlagener Liechtensteiner angeschlossen habe. Sei dem wie ihm wolle, jedenfalls kennen sie die Militärlasten nicht. Auch mit den Steuern waren sie so übel nicht dran. Wurden sie einmal drückend, dann schrieb der Landesverweser einen Brief an den Fürsten in Wien, der gern oder ungern dann in seine stets gefüllte Kasse griff. Seit dem Kriege ha- ben sie es noch bequemer: «Der Fürst muss!» spra- chen sie - «und wenn du nicht willst, so schliessen wir uns den Schweizern an!» - So versteht es liech- tensteinische Klugheit aus dem Fundamente, sich den Vorteil zu sichern, und mein Vater hatte recht, wenn er etwa sagte: «Es goht nünt über en schlaue Liechtensteiner!» Übrigens hat sich der Fürst in früheren Jahren nur selten in seinem Lande gezeigt. Dem kränkli- chen Manne scheint die Reise zu weit und der Auf- enthalt zu wenig komfortabel gewesen zu sein. Vor einiger Zeit habe aber eine angesehene Liechten- steinerin, die in Wien zu Besuch war, um eine Au- dienz bei ihm nachgesucht. Natürlich wurde sie ab- SBeifjeerungen 6ei Scnbcvn. 201
	        

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