Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2007) (106)

ZUM THEATERKONZERN DER ROTTER SOWIE ZUM SCHICKSAL FRITZ ROTTERS / PETER KAMBER bereits 1919116 erworben hatte, begann ein eigent- liches «Kesseltreiben»117 der Theaterkritik gegen ihn. Kritiken von Extremrechts, Konservativ und von Links gingen eine unheilige Allianz ein. Die «Bühnengenossenschaft» glaubte einen lin- ken Kampf zu führen, wenn sie meinte, «deutsche Theaterkunst» werde «dem rein profitmäßig einge- stellten Managertum ausgeliefert», und wenn sie den Gebrüdern Rotter am Beispiel der «Lissy»-Auf- führung, die «Scharen von Besuchern anzog», «nackte Spekulation auf den Sexus» vorwarf.118 Der sozialdemokratische «Vorwärts» rief am 26. Juli 1924 aus, es müsse «ein Weg gefunden werden, den Herren Rotter diejenigen Theater, die sie ge- kauft oder aufgepachtet haben, nicht, um selbst darin zu spielen, sondern nur: um damit Geschäfte zu machen, glattweg zu enteignen.»119 Am 29. Juli 1924 bestärkte der «Vorwärts» die Bühnengenos- senschaft in ihrem «Kampf gegen das kulturschäd- liche Geschäftstheater wie es der Rottertrust be- treibt» - die Genossenschaft sei «berufen», «die Theaterkunst vor der ihr drohenden Barbarei zu schützen.»120 Nur der - republikanisch-demokratische - «Mon- tag Morgen» warnte wiederholt davor, das Polizei- präsidium in einem «Denunziationskrieg» zum Richter über eine Frage zu machen, die «nur uns Kritiker, uns Publikum» angehe. «Man sage nicht, der Zweck heiligt die Mittel. Umgekehrt ist's richtig: Diese Mittel entheiligen jeden Zweck!»121 «Die Berliner Volkszeitung», ein liberaldemokra- tisches Blatt, warf den Rotter am 30. Juli 1924 «die künstlerische und moralische Verelendung des Ber- 100) Es handelt sich um die meines Wissens erste Nennung des Büh- nennamens Rotter; Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2954, Blatt 26 (1. Februar 1919). Fritz Rotter hatte darauf den Antrag ein- mal mehr zurückgezogen. Fritz Rotter hatte den Oberregierungsrat von Glasenapp erfolglos «wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt» (28. Dezember 1918; ebenda. Blatt 34). 101) Von Glasenapp Hess es sich nicht nehmen, 1924 nach seinem Abschied noch eine Versammlung der den Rotter feindlich eingestell- ten Bühnengenossenschaft mit seiner persönlichen Anwesenheit zu beehren («8 Uhr-Abendblatt», 20. Juli 1924. Artikel mit dem Titel «Irrungen und Wirrungen»; Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2959, Blatt 35). 
102) Das «8 Uhr-Abendblatt» (Berlin) erinnerte am 19. Januar 1933 daran (Landesarchiv Berlin, A Rep. 358-02, Nr. 108586). 103) Der Rotter-Verteidiger St. G. vom «Montag Morgen» in seiner Glosse «Vorschlag zur Beseitigung der Rotter» («Das Tagebuch», 2. August 1924; Nr. 2959, Bl. 67). 104) Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2954, Blatt 36 (14. Februar 1919). 105) Ebenda, Blatt 38 (11. April 1919). 106) Landesarchiv Berlin, Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2956 (1919), Blätter 9-10(27. Oktober 1919). 107) Vorgang zusammengcfasst in einem rückblickenden Bericht des Präsidiums der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehörigen, 17. Juli 1924 (Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2958. Blatt 8). 108) Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2953. Blatt 91b (Adolf Lantz über die gemeinsame Zeit 1912/13, Aussage vom 23. März 1918). 109) Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2958. Blatt 132 (Be- richt der Abt. III des Polizeipräsidiums vom 29. Juli 1924; vgl. auch Blatt 71 (Anwalt der Rotter spricht vom «Herbst 1920»), und Blatt 8 (Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, 17. Juli 1924). 110) Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2958. Blatt 132 verso. 111) Ebenda, Blatt 131 verso. 112) Ebenda, Blatt 10 (Bericht «Präsidium der Genossenschaft Deut- scher Bühnen-Angehörigen». 17. Juli 1924; rückblickend). 113) Ebenda, Blatt 1 52 verso (Hans Bachwitz, 26. Juli 1924). 114) Aufgelistet im Schriftsatz von Rotters Rechtsanwalt Wolfgang Heine, 20. Juli 1924 (ebenda. Blatt 59). 115) Das dürfte ein erster datierbarer Berührungspunkt zwischen den Brüdern Rotter und Wladimir Rosenbaum sowie Aline Valangin gewesen sein: denn Ernst Toller war nach seiner Haftentlassung vorü- bergehend Gast bei den Rosenbaums in Zürich gewesen (Aline Valan- gin. Interview mit mir selbst, Manuskript; Sozialarchiv, Zürich). 116) «Der Tag» (Berlin), Nr. 183, 6. August 1924 (Landesarchiv Ber- lin. A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2958, Nr. 2959, Blatt 73). 117) So der neue Anwalt der Rotter, Wolfgang Heine, in einem Schrift- satz für die Behörden vom 20. Juli 1924: Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2958. Blatt 51. 118) Ebenda, Blatt 10 (Präsidium der Genossenschaft Deutscher Büh- nen-Angehörigen, 17. Juli 1924). 119) Ebenda. Blatt 23. 120) Ebenda. Blatt 46. 121) So am 28. Juli 1924 (Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2959, Blatt 33): Warner in der Wüste beim «Montag Morgen» war Stefan Grossmann; vgl. auch seine Artikel vom 2. und 4. August 1924 (Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2959, Blätter 67 und 68) sowie vom 17. November 1924 (ebenda, Blatt 342). 93
	        

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