Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2007) (106)

ZUM THEATERKONZERN DER ROTTER SOWIE ZUM SCHICKSAL FRITZ ROTTERS / PETER KAMBER ten Regimes von seiner verwerflichsten Seite.»93 Doch Fritz Rotter hatte den Fehler gemacht, ganz auf den Sieg der Revolution zu setzen. Sein Anwalt Fritz Grünspach hatte am 26. November 1918 sogar gel- tend gemacht, die Verantwortlichen der Theaterab- teilung des königlichen Polizeipräsidiums,94 Oberre- gierungsrat von Glasenapp und sein Mitarbeiter Re- gierungsrat Klotz, hätten sich «wie erbitterte Feinde dem Rechtsuchenden gegenüber benommen, ihn mit Denunziationen verfolgt» und «Scheingründe» ange- führt, um ihm «die Konzession zu verweigern»: «Ein solches Verfahren ist nur in dem gestürzten Obrig- keitsstaate möglich gewesen».95 Darin irrte Fritz Rotter sich. Sofort nach dem Auftreten der gegenrevolutionären Kräfte und den Kompromisslösungen der Weimarer Republik trat Regierungsrat Klotz wieder auf, klagte Fritz Rotter der «Irreführung»95 des Vollzugsrats an und dann, 1919, waren die alten Gegner, Klotz und sein Chef von Glasenapp - vor der Abschaffung der Zensur einst Zensor97 und ein Mann alten Geistes98 - wie- der in ihren Ämtern und auch mit der untertänigen Anrede «Euer Hochwohlgeboren»99 nicht mehr zu besänftigen: der «Antrag des Theaterunternehmers Fritz Schaie Bühnenname Rotter» wurde am 1. Fe- bruar 1919 von den neuen alten Leuten in der 82) Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2955 (1917-18). Blatt 8 (Fritz Rotter, 14. Dezember 1917). 83) Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2953. Blatt 5 (2., Januar 1918). 84) Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2966. Blatt 33. S5) Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2953 (1918). Blatt 1-7 (2. Januar 1918). mit Lebenslauf von Fritz Rotter. 86) Ebenda. Blätter 180-190 verso (Konzept, korrigiertes Manuskript der Abt. III des Polizeipräsidiums, datiert mit «Juni 1918». gezeichnet von Regierungsrat Klotz): Fritz Schaie erfuhr offenbar von der bevor- stehenden Ablehnung und Hess durch seinen Anwalt den Konzessi- onsantrag am 26. Juni 1918 zurückziehen (ebenda, Blatt 192). 87) Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2955, Blätter 148- 160; 20. Juni 1918); vgl. auch die Stellungnahme der Theaterabtei- lung (Abteilung III des Polizeipräsidiums) vom 18. Juni 1918 (Regie- rungsrat Klotz, «im Auftrage» |von Oberregierungsrat von Glasenapp. der die Abteilung leitete]). Einen weiteren Bericht, der Gebrauch von ärztlichen Attesten des Jahres 1911 und 1913 machte, mit denen Al- fred Rotter künstlich das Referendar-Examen zurückstellte, verfasste 
die Theaterabteilung am 9. Oktober 1918 («An das Kgl. Bezirkskom- mando V Berlin»; ebenda. Blatt 170). Bereits im Februar 1918 hatte- sicher nicht ganz unabhängig von der Theaterabteilung - die Staats- anwaltschaft über den Zusammenbruch des ehemaligen Deutschen Schauspielhauses zu ermitteln begonnen, wegen angeblichen «Kon- kursverbrochens» (Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2954, Blatt 12. gemäss Bericht von Regierungsrat Klotz Ende Nov./Anf. Dez. 1918), obwohl ein Gericht sie 1915 bereits von jeder Verantwortung freigesprochen hatte; auch das Militärgericht setzte im Februar 1918 mit der Vernehmung von Julius Blumenthal neue Ermittlungen gegen sie in Gang (ebenda). Unter der Ägide der Theaterabteilung v. Glaso- napps wurde plötzlich jede mögliche Instanz gegen die Gebrüder Schaie mobilisiert, alles nur. weil sich die Theaterabteilung «mit der Frage der Zuverlässigkeit der beiden Brüder Fritz und Alfred Schaie amtlich zu befassen» hatte (Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2955. Bl. 148: 20. Juni 1918). 88) Ebenda, Blatt 159. 89) Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2954, Blatt 5 (26. No- vember 1918). 90) Im selben Sommer 1918 hatten Fritz und Alfred Rotter laut einer Zeitungsnotiz (erwähnt ohne Angabe von Datum und Zeitung im Be- richt des Polizeipräsidiums vom 20. Juli 1918) eine Filmgesellschaft gegründet (Nr. 2955. Bl. 158). Die Idee fiel offenbar den Wirren jener Monate zum Opfer. 91) Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2955. Blatt 194 (Be- richt des Anwalts von Fritz Rotter, 15. Oktober 1918). 92) Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030,Nr. 2954, Blatt 18 (Bericht von Regicrungsrat Klotz. Ende Nov./Anfang Dez. 1918). 93) Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2954, Blatt 2: «im Auf- trage des Vollzugsrates des Arbeiter- und Soldatenrates - Berlin» vor- fasst von Oskar Kanehl; Kanobl, als Kommunist bekannt, wurde spä- ter Regisseur der Rotter und inszeniert im Oktober 1923 im «Trianon- Tbeatcr» für sie die Komödie «Joujou» («Vossische Zeitung». 18. Ok- tober 1923, Nr. 493: «... und [Alfred] Rotters Regisseur Oskar Kanehl. immer noch Verfasser kommunistischer Streitgesänge für das kämp- fende Proletariat... .»; Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2957. B1.44). 94) Landesarchiv Berlin. A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2955. Blatt 3. 95) Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030, Nr. 2954, Blätter 7-9 (Fritz Grünspach, Rechtsanwalt, 26. November 1918). 96) Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2954. Blau 19 (Bericht von Regierungsrat Klotz. Ende Nov./Anfang Dezember 1918). 97) Stefan Grossmann in der Zeitung «Der Montag Morgen» (Berlin). Nr. 35. 4. August 1924 (Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030. Nr. 2959. Blatt 68). 98) «Der Montag Morgen» (Berlin) schrieb rückblickend am 11. April 1932 (Nr. 15), dass «der damalige Chef der Thoaterpolizei, Herr von Glasenapp ... auch Max Reinhardt die Konzession hatte verweigern wollen, weil der in wilder Ehe mit einer Schauspielerin lebte.» 99) Fritz Rollers Anwalt an von Glasenapp, 24. Dezember I 91S. 91
	        

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