Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2007) (106)

ZUM THEATERKONZERN DER ROTTER SOWIE ZUM SCHICKSAL FRITZ ROTTERS / PETER KAMBER DAS BISLANG BEKANNTE ZUSAMMEN- GEFASST Ihr finanzieller Zusammenbruch im Januar 1933 war von der in Berlin erscheinenden Zeitung «Der Westen» am 18. Januar 1933 als «der größte Berli- ner Theaterkrach» bezeichnet worden.1 Die zwei Berliner Theaterdirektoren Fritz und Albert Rotter hatten etwa ein halbes Dutzend private, nicht-sub- ventionierte Bühnen bespielt. Sie waren die gröss- ten Theaterunternehmer Berlins und Deutschlands, wenn nicht Europas gewesen. Ihre Aufführungen vermarkteten sie - wie beim Film - mit hohem Werbeaufwand ganz über Stars. Von 1927 an wa- ren sie mit den auf die Träume des breiten Publi- kums abzielenden Musikstücken, Revuen und Ope- retten die Repräsentanten des Musical-Trends der Zeit. Die Berliner Zeitung «B.Z. am Mittag» schrieb schon am 27. Oktober 1919 - unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs - über sie: «Sie ... brin- gen die amerikanische Note in das Direktoren-Kon- zert hinein. Man gibt ihnen gern noch Unterhal- tungstheater, weil sie die einzigen sind, die für die großen Preise im Nehmen und Geben Verständnis haben.»2 Bei der ernsthaften Theaterkritik waren sie gerade deswegen zeitweise geradezu verpönt - in der Memoirenliteratur überwiegen die negativen Urteile über ihren Beitrag zum Theaterschaffen.s Doch der nationalsozialistischen sowie der deutschnationalen Presse blieb es vorbehalten, in der Kommentierung des Konkurses der Rotter- Bühnen 1933 ein Bild von Fritz und Alfred Rotter zu zeichnen, das in seiner Verzerrtheit immer stär- kere Züge einer Hetze annahm - bereits vor dem 30. Januar 1933, dem Machtantritt Hitlers. Als sie am 27. Januar 1933 über die Presse ihre Rückkehr aus Vaduz nach Berlin ankündigten - die Abspra- chen mit dem Amtsgericht Berlin-Mitte waren ge- troffen -, waren Fritz und Alfred Rotter voller Zu- versicht, im Konkursverfahren nicht alles zu verlie- ren. Das gut informierte liberaldemokratische4 «Berliner Tageblatt» schrieb am 26. Januar 1933: «Man darf damit rechnen, dass es zu einem Zwangsvergleich mit den Gläubigern des Rotter- Konzerns kommen wird. Gleichzeitig wird aber 
durch die Verhängung des Konkurses auch vermie- den, dass wertvolle Aktiva des Konzerns verloren- gehen.»5 Als aber nach Amtsantritt der nationalsozialisti- schen Regierung die Voraussetzungen so gänzlich andere geworden waren, so dass die Gebrüder Rot- ter es vorziehen mussten, in Vaduz zu bleiben, da brach die Kampagne erneut los und richtete sich von da an auch voll gegen Liechtenstein, wo Fritz und Alfred Rotter - sowie die Frau des letzteren, Gertrud Rotter geb. Leers - Zuflucht gefunden hat- 1) Vgl. den ersten Artikel des Verfassers zum Theaterkonkurs der Ge- brüder Rotter im Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürsten- tum Liechtenstein. Bd. 103. Vaduz. 2004, S. 30-46: Peter Kamber, «Der Zusammenbruch des Theaterkonzerns von Alfred und Fritz Rot- ier im Januar 1933. Die Berichte über den Berliner Konkurs und die gegen die Rotter gerichtete Stimmung im Prozess gegen ihre Entfüh- rer»; leider ergab sich damals bei der Drucklegung ein bedauerlicher Fehler; die im laufenden Text verzeichneten Anmerkungsnummern 44-55 wären richtig den Anmerkungen Nr. 45-56 zuzuordnen (und nicht den Anmerkungen 44-55); es hatte sich alles um eine Ziffer ver- schoben; Anmerkungen 1-43 und 57-65 sind richtig so; Anmerkung 55 lautot: LA Berlin, A Rep. 358-02, Nr. 108620, Blatt 1: und Anmer- kung 56: ebenda, Nr. 108620 (Zeugeneinvernahmen), Blatt 120 (Be- fragung von Herbert Lieske, Abteilungsvorstcher bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse der Stadt Berlin vom 20. März 1933). Der Verfasser bittet für die Unachtsamkeit um Entschuldigung. 2) «B.Z. am Mittag», Nr. 245, 27. Oktober 1919. Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 030 (Polizeipräsidium), Nr. 2954, Blatt 100: ich danke Dr. Klaus Deitmer für den Hinweis auf diese wichtigen Bestände. 3J Vgl. ftischbietor, Henning: Theater als Kunst und als Geschäft. Über jüdische Theaterregissourc und Theaterdirektoren in Berlin 1894-1933. In: Theatralia Judaica. Emanzipation und Antisemitis- mus als Momente der Theatergeschichte. Von der Lcssing-Zeit bis zur Shoa (hg. von Bayerdörfer, Hans-Peter. Tübingen. 1992, S. 205- 217. 4) Zur politischen Charakterisierung der Berliner Zeitungen (auch im Folgenden) siehe: Landesarchiv Berlin. Findbuch «Zeitungen von Berlin. Übersicht mit Erscheinungszeitraum und politischer Prä- gung». 5) «Berliner Tageblatt», Nr. 43. 26. Januar 1933, Landesarchiv Ber- lin, A Pr. Br. 030 (Polizeipräsidium). Nr. 2976. 75
	        

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