Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2007) (106)

herrn nicht Halt machten." Die Münze, das heisst der Feingehalt an Silber, erholte sich während des Kriegs nicht mehr. Und: Nicht die ungeheuren Kos- ten für den Unterhalt der Truppen sollten daran schuld sein, sondern - die Juden. Die Regierung in Innsbruck warnte die Vorarl- berger wiederholt vor den schlechten Geldsorten. Es sei bekannt, dass Kaufleute und Säumer von den Juden schlechte ausländische Münze («Schiedmün- zen») erhalten hätten und so zu Schaden gekommen seien. Man fasste daher eine «Aufwechslung der gueten güldenen und groben Silber geltsorten» ins Auge.100 Sollten solche betrügerischen Wechsler, also Juden, gestellt werden, seien sie in Arrest zu nehmen. Die Zwangsaussiedlung der Juden aus den österreichischen Gebieten im Jahre 1640 stand in Zusammenhang mit diesen gegen sie erhobenen Be- schuldigungen. Auf dem Territorium der Grafen von Hohenems waren sie nicht nur geduldet, man för- derte dort sogar ihre Einwanderung. Am 4. Mai 1640 teilte die Regierung dem Grafen Kaspar von Hohenems den Amtleuten in Feldkirch mit, dass es der Landesfürstin «ernstlich will und mainung»101 sei, dass den Juden eine Frist von einem Monat ge- setzt werde, österreichisches Hoheitsgebiet zu ver- lassen.102 Konnte Inflation und Teuerung von der Seite der Regierung nicht verhindert werden, so waren die zollpolitischen Massnahmen, die Beschaffung von Geld für die Verteidigung, auch nicht dazu angetan, die Preise für lebenswichtige Güter stabil zu hal- ten.103 Eine Reihe von immer neuen Zollaufschlägen und Ausfuhrverboten bewirkten ein Übriges, um die Wirtschaft zu schwächen und die Sozialstruktur ne- gativ zu beeinflussen. Um den Mangel an barem Geld zu beheben, hatte Oberst König von Lindau be- reits 1633 empfohlen, für jedes Fuder Wein, das in die Vier Herrschaften und Reichslande vor dem Arl- berg ging, zehn Gulden an Zoll zu verlangen. Die Ständevertreter legten ob diesen drückenden Abga- ben bittere Klage bei der Landesfürstin ein, die je- doch in Anbetracht der Umstände erfolglos war. Da- bei blieb es jedoch nicht. Drei Jahre danach lag auch auf den Konstanzer Waren, vor allem Korn, ein neu- er Zoll.104 
Neben den Zollerhöhungen kam es zu regelrechten Embargos. So war die auch für Vaduz und Schellen- berg wichtige Viehausfuhr nach Graubünden einge- schränkt oder ganz untersagt, wie auch kein Schmalz ausgeführt werden durfte, bis der Bedarf von Inns- bruck als Regierungsitz und Hall als Münzstätte ge- deckt war.105 Waren, die 1648 von einem anderen Territorium desselben Herren und dabei über frem- des Gebiet gebracht wurden, unterlagen gleichfalls einem Zoll. So mussten hohenemsische Waren, die nach Vaduz gingen, mit einem Aufschlag versehen werden.106 Nachdem die fortwährenden Zollauf- schläge dafür gesorgt hatten, dass der Export von Vieh, Schmalz, Holz, Leinwand und Flachs fast zum Erliegen kam und auch der Zwischenhandel mit Salz, Metallen und Wein keinen grösseren Umfang mehr aufwies, blieb für Vorarlberg, Vaduz und Schellenberg notgedrungen nur noch der Waren- austausch mit österreichischen Gebieten. Dabei war die Region an Rhein und Bodensee gegenüber der Vorkriegszeit noch in anderer Weise benachteiligt. Die geografische Lage begünstigte den Handelsver- kehr zunehmend in nord-südlicher Richtung, vor al- lem nach dem Ausgleich mit Graubünden 1637. Dem Handel in ost-westlicher Richtung trat der Arl- berg als natürliches Hindernis entgegen und liess nur im Sommer und Herbst einen bescheidenen Saumverkehr zu. Der bequemere Weg führte durch die Grafschaft Königsegg und Reutte, so dass Bre- genz gegenüber Feldkirch und damit auch Liechten- stein an wirtschaftlicher Bedeutung gewann.107 Die wichtigste handelspolitische Rolle spielte of- fensichtlich der Austausch von Salz und Schmalz. Beides war zur Konservierung von Lebensmitteln unumgänglich. Hatten sich die Bauern in der Region schon seit der Jahrhundertwende vom Ackerbau mehr und mehr auf die Viehzucht umgestellt, so konnte die tirolische Landschaft den Bedarf an Schmalz für die Städte bei weitem nicht mehr de- cken. Dadurch erwuchs Vorarlberg sowie Vaduz und Schellenberg der wichtigste Ausfuhrartikel während und nach dem Krieg, allerdings teilweise auf dem teureren Transportweg über den Arlberg.108 Der zunehmenden Verschuldung der Vorarlber- ger Stände versuchten deren Vertreter ab 1627 150
	        

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