Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2007) (106)

DIE REICHSHERRSCHAFTEN SCHELLENBERG UND VADUZ IM 30-JÄHRIGEN KRIEG / HERIBERT KÜNG geflüchteten Verfasser der Schmähschriften des spä- ter ermordeten Pompejus Planta, des Führers der spanischen Partei, auszuliefern. Ritter Jakob Robu- stelli, ein Neffe der Planta, inszenierte im Juli 1620 einen Aufstand im Untertanenland Veltlin, dem 600 Protestanten zum Opfer fielen, worauf spanische Truppen vom Mailand her einrückten. Einerseits war damit die Souveränität Graubündens in höchs- ter Gefahr, anderseits bot sich für den neuen Herrn Tirols die Chance zur militärischen Intervention von Norden her.12 Eine Reihe von militärischen Mass- nahmen, auch in Vaduz und Schellenberg, war die Folge. Im Jahr 1619 versah man die Grenzveste Guten- berg mit Mannschaft und Geschütz aus österrei- chischen Zeughäusern und Graf Kaspar liess Vaduz besetzen und empfahl seinen Leuten erhöhte Wach- samkeit. In diese gespannte Lage an der Südgrenze fiel am 23. März 1620" ein Landtag, das heisst eine Versammlung der Vertreter der 24 Vorarlberger Ge- richte in Feldkirch, an dem Erzherzog Leopold V. als Landesherr persönlich anwesend war. Dieser ver- sprach zum Schutz seines Territoriums etliche Ge- schütze von Innsbruck auf die bedrohte Burg Guten- berg zu senden. Der Vorarlberger Obristhauptmann Hans Werner von Raitnau schrieb im Sommer des Jahres an den Grafen Kaspar, er möge im Fall der Gefahr dem Schloss mit seinen Untertanen zu Hilfe kommen. Dieser Alarmzuzug (Succurs) sollte dann möglichst rasch von Mannschaften aus den österreichischen Gebieten abgelöst werden. Raitnau hatte die Absicht 200 Mann auf Gutenberg zu stationieren.14 Der Kommandant erhielt am 24. August aus Innsbruck Weisungen betreffend die Verteidigung. Man fürch- tete, dass die Eidgenossen, denen die katholischen Orte den Durchzug verweigert hatten, nun gegen Gutenberg und Feldkirch vorstossen würden. Der Abt von Pfäfers glaubte, dass auch die Bündner Va- duz, Schellenberg sowie Vorarlberg überfallen woll- ten. «Auf ernstlichen Bevelch aus hiesiger Statt und Landschafft ... wurde der erste Vorarlberger Aus- schluss im November 1620 von Raitnau ... in aller eyl abgeordnet, welcher, nachdem er sich zue und umb 
Feldkirch 14 tag lang aufgehallten hat, man einen theil desselben under gewisse Compagnia eingetailt und besser gegen Pündten verlegt, allda sie ein gan- zes Jahr in der Macht der Päss verbliben ...». Die Sonnenberger, Bludenzer und Montafoner besetz- ten die Rätikon- und Silvrettapässe mit sechzig Mann. Im Montafon lagen überdies 150 Soldaten des Oberstleutnants von Jungen. 25 Milizsoldaten bewachten Gutenberg und die übrigen nahmen in den Nachbarschaften Balzers und Mäls Quartier. An der Rheingrenze hob man vier Schanzen für je 100 Mann aus und versah diese mit Munition und Provi- ant.15 Das Kommando über die Fusstruppen oblag den Hauptleuten Daniel Gränzing und Zacharias Rainolt, während die Schanzartillerie von Haupt- mann Hans Bernhard Crederer befehligt wurde. In Balzers versah ein Rittmeister mit sechs Mann den Wachdienst. Im Übrigen Hessen die Verteidigungs- massnahmen manches zu wünschen übrig, wie Ja- kob Hannibal IL, Sohn des Grafen Kaspar, nach Innsbruck berichtete. Der Landvogt von Schellen- berg und Vaduz, Rainold von Prosswaiden, berich- tete dem Landesherrn von den mannigfachen Beläs- tigungen der Bevölkerung durch das Vorarlberger 9) Küng, Krieg (wie Anm. 3), S. 152 ff. Nach dem Schwabenkrieg hatte Tirol in den Gerichten Davos, Prättigau, Churwalden, Schanfigg, Bei- fort und Unterengadin die Landeshoheit (Steuer, Gericht, Verwaltung) inne, die Wehrhoheit aber an Graubünden, den «Freistaat der Drei Bünde»,abgegeben. 10) Welti, Ludwig: Graf Kaspar von Hohenems. Innsbruck. 1963, S. 186 und S. 230 f. 11) Ebenda, S. 86 und S. 90. 12) Küng, Krieg (wie Anm. 3), S. 159. Ransperg-Chronik. S. 11, Vorarlberger Landesarchiv Bregenz, Färber Silvio: Politische Kräfte in: Handbuch der Bündner Geschichte Bd. 2. Chur, 2000, S. 127 ff. 13) Landesarchiv Bregenz, Landständeakten, 23. März 1620, Landtagsrecess. 14) Büchel, Johann Baptist: Liechtenstein im Prättigaucr Krieg 1619- 1624. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (JBL), Bd. 22 (1922), S. 9-29, hierS. 11 f. Vorarlberg verfügte als einziges Territorium in der Region über eine in allen Einzelheiten organisierte Miliz. Vgl. Küng Heribert: Landesverteidi- gung für Vorarlberg. In: Montfort 3/1996. 15) Landesarchiv Bregenz, Landständeakten, 10. November 1620, Bregenz an Landesfürst. Vgl. Kaiser, Peter: Geschichte des Fürsten- thums Liechtenstein. Chur, 1847, S. 240. 133
	        

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