Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2007) (106)

FRITZ ROTTERS WEITERES SCHICKSAL IN FRANKREICH Vermutlich sah sich Fritz Rotter im Januar 1933 in Berlin, angesichts des drohenden Konkurses, zu- nächst plötzlich wieder in überwunden geglaubte Zeiten zurückversetzt - und reagierte auf Grund all dieser Erfahrungen wie schon einmal 1915, wo er «dauernd gesucht» 
wurde:143 indem er den Behör- den erst einmal auswich. Nach der Tragödie auf Gaflei vom 5. April 1933 und dem Spitalaufenthalt fühlte er sich auch in Liechtenstein nicht mehr sicher und verliess das Land. In Paris hielt sich Fritz Rotter vermutlich zunächst im «Hotel de la Cite Bergere» auf. Damals brachte tatsächlich Aline Valangin, die Gattin von Fritz Rotters Anwalt Wladimir Rosenbaum, ihn mit ihrem Wagen nach Paris.144 Die deutschen Behör- den stellten einen Auslieferungsantrag. Zunächst wurde dieser in Frankreich aber aufschiebend be- handelt.145 Doch im September 1933 übergab Heinz Hentschke den deutschen Behörden eine Ansichts- karte, die Fritz Rotter ihm aus Sesenheim im Elsass geschrieben hatte.146 Daraufschrieb am 2. Oktober 1933 Berlin an die Deutsche Botschaft in Paris: «Nach einer Mitteilung von privater Seite soll der hier strafrechtlich verfolgte Fritz Schaie jetzt Direk- tor eines Theaters in Paris sein und einen Spitzbart tragen. Er führte früher zeitweise den Namen Rin- taler. Vielleicht bedient er sich jetzt wieder dieses Namens. Er soll schon früher im Besitz mehrerer auf verschiedene Namen lautender Pässe gewesen sein.»147 Da die Behörden in Berlin nicht locker Lessen, sahen sich die französischen Behörden am 9. Juli 1934 gezwungen, ihn im «Bulletin hebdomadaire de police criminelle»148 mit Bild zur Verhaftung auszuschreiben. Wie bereits bekannt ist,149 war es nach der Fest- nahme von Fritz Rotter in Nizza am 6. November 1934 ausgerechnet der seit eineinhalb Jahren offen nationalsozialistische Richard Bars, der von den NS-Behörden nach Frankreich geschickt wurde, um öffentlich die Auslieferung Fritz Rotters zu be-treiben 
und zu 
verkünden, «dass die Angelegenheit des Fritz Rotter mit Politik nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hat».Vj0 Die Deutsche Botschaft in Paris berichtete am 6. Dezember 1934 nach Berlin: «Verteidiger des Fritz Schaie genannt Rotter alias Rinthaler ist der bekannte Strafverteidiger Henry Torres, der die Absicht haben soll, die Ablehnung des Auslieferungsbegehrens aus politischen Grün- den zu beantragen.» Nur weil die französische Regierung dem Auslie- ferungsentscheid des Gerichts in Aix-en-Provence vom 22. Dezember 1934 nicht folgte und seine Ent- lassung aus der Auslieferungshaft anordnete, konn- te sich Fritz Rotter seit Anfang Februar 1935 in Frankreich frei bewegen. Seine Schwester Ella UU- mann-Schaie und ihr Sohn Peter besuchten ihn vor ihrer Emigration nach New York noch im Herbst 1936 in Nizza. Wenig später sahen sie sich erneut in Paris. Albert Ulimann, der seiner Frau und seinem Sohn nachfolgte, hatte durch einen Onkel in New York ein Affidavit151 erhalten. Ob Fritz Rotter eben- falls Anstrengungen unternahm, um nach Übersee zu gelangen, ist nicht bekannt. Er schien grosse Geldprobleme zu haben. In der deutschen Exilpres- se - in «Pem's personal bulletins», Ausgabe Nr. 86 vom 22. Dezember 1937152-wurde berichtet: «Fritz Schaie-Rotter, der frühere Berliner Theaterleiter, soll in Paris Not leiden ...». 1938 benötigte er in Strassburg aus einem nicht bekannten Grund einen Anwalt. Wegen Ausgabe eines ungedeckten Checks an diesen seinen eigenen Anwalt - über einen Be- trag von 2000 französischen Francs - erliessen die französischen Behörden am 19. Oktober 1938 einen Haftbefehl gegen Fritz bzw. Frederic Schaie alias Rotter. Am 7. November 1938 wurde er dieses Check- vergehens wegen erneut im «Bulletin hebdomadai- re de police criminelle»153 ausgeschrieben und, da er nicht zu finden war, am 3. Februar 1939 
vom Tri- bunal correctionnelle Strasbourg im Abwesenheits- verfahren zu einer drakonischen Strafe von sechs Monaten Gefängnis verurteilt.154 Am 25. Juli 1939 erschien in «Pem's personal Bulletins»155 die folgende Nachricht: «Fritz Schaie- Rotter, der überlebende Bruder, wurde im Casino von Boulogne verhaftet. Es schweben diverse Ver- 98
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.