Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2006) (105)

Zweiten Weltkrieg Bestandteil des allgemeinen Völ- kerrechts geworden war.50 Die politische Realität stand jedoch in der Zwi- schenkriegszeit in einem klaren Gegensatz zu den Prinzipien des geltenden - modernen - Völker- rechts. Es war nicht gelungen, eine stabile interna- tionale Ordnung zu schaffen, und auch das zentra- le Anliegen des Völkerbundes, die Sicherung des Friedens, war schon vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gescheitert.51 Da sich die hochgesteck- ten Erwartungen nicht erfüllt hatten, sahen zahl- reiche Beobachter die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen als eine «Twenty Years Crisis»52. DAS ZEITALTER DER UNO Obwohl sich das vom Völkerbund begründete Sys- tem der kollektiven Sicherheit nicht als funktions- fähig erwiesen hatte, wurden nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges neue Pläne für eine neue - wirksamere - Weltorganisation gefasst.53 Mit der Unterzeichnung der Charta der Vereinten Nationen (im Folgenden UNC)54 am 26. Juni 1945 in San Francisco begann die zweite Epoche des modernen Völkerrechts. Durch sie wurde das klassische Völ- kerrecht, das wegen des Versagens des Völkerbun- des wieder aufgelebt war, zur Ordnung der neu or- ganisierten Staatengemeinschaft umgestaltet. Da zwischenzeitlich praktisch alle Staaten Mitglieder der Vereinten Nationen (im Folgenden UNO) ge- worden sind, ist die UNC zur Grundordnung des gegenwärtigen universellen Völkerrechts aufge- rückt.55 Aus diesem Grund ist sie auch für die For- mulierung des neuen Souveränitätsverständnisses von ausschlaggebender Bedeutung. Die UNC entfaltet eine Friedensordnung und markiert den Übergang vom koordinativen zum ko- operativen Völkerrecht. Oberstes Ziel der UNO ist die Wahrung oder gegebenenfalls die Wiederher- stellung des Weltfriedens mittels kollektiver Mass- nahmen.56 Daneben sollen freundschaftliche, auf der Achtung der Gleichberechtigung und Selbstbe- stimmung der Völker beruhende Beziehungen zwi- schen den Nationen gefördert werden.57 Die UNO 
will die internationale Zusammenarbeit ausbauen, um internationale Probleme wirtschaftlicher, kultu- reller und humanitärer Art zu lösen. Dabei gilt ihr besonderes Augenmerk der Einhaltung der Men- schenrechte.58 Nach den Zielen formuliert die UNC in Artikel 2 auch die Grundsätze, die für die Weltorganisation gelten sollen. Dabei wird zunächst das Prinzip fest- gelegt, dass die souveräne Gleichheit ihrer Mitglie- der die Grundlage der UNO bildet.59 Weiters wer- den die Staaten zur Erfüllung der sich aus der UNC ergebenden Pflichten,60 der friedlichen Austragung aller Streitfälle,61 zur Beachtung des allgemeinen Gewaltverbots62 und zur Unterstützung der Zwangs- massnahmen der UNO63 verpflichtet. Daneben müs- sen sie auch dafür Sorge tragen, dass auch die Nichtmitgliedstaaten die Grundsätze zur Aufrecht- erhaltung des Friedens und der internationalen Si- cherheit beobachten.64 Schliesslich wird festgehal- ten, dass sich die UNO nicht in die inneren Angele- genheiten der Staaten einmischen darf.65 Das Entscheidverfahren in den beiden wichtig- sten Organen der UNO, der Generalversammlung und dem Sicherheitsrat, spiegelt das Bestreben wi- der, einen Ausgleich zwischen völliger Gleichbe- handlung der Staaten und der Berücksichtigung der politisch relevanten Machtstrukturen zu fin- den.66 Das Versagen des Völkerbundes bei der Frie- denssicherung war nicht zuletzt darauf zurückzu- führen, dass Massnahmen nur von allen Mitglie- dern einstimmig (mit Ausnahme des Aggressors) ergriffen werden konnten. Um im Notfall schnell und effizient handeln zu können, haben die Mit- gliedstaaten der UNO dem Sicherheitsrat die Haupt- verantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit übertragen.67 Dieses Organ umfasst fünf ständige (Volksrepublik China, Grossbritannien, Frankreich, Russland so- wie die USA) und zehn nicht-ständige Mitglieder, die für zwei Jahre gewählt sind.68 Der Sicherheits- rat fasst seine Beschlüsse mit Mehrheitsentscheid, dabei müssen mindestens neun der 15 Mitglieder zustimmen, darunter alle ständigen Mitglieder.69 Die Beschlüsse des Sicherheitsrats sind für alle Mit- gliedstaaten bindend.70 Der Sicherheitsrat, insbe- 60
	        

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