LIECHTENSTEIN IM VERBANDE DES HEILIGEN RÖMISCHEN REICHES / BERND MARQUARDT Kaiserliche Repräsentation im Jahre 1760 unter Liech- tensteiner Beteiligung: Öffentlicher Einzug der vom Reichsfürsten Joseph Wenzel von Liechtenstein über die Alpen geleiteten Prinzessin Isabella von Parma als Braut des künf- tigen römischen Kaisers Joseph II. (1765-90) ben des Fürsten. Dieses ist nur vor dem Hinter- grund der ständigen Rechtsprechung des Reichs- hofrates zum Despotismusverbot verständlich. Der Fall der Liechtensteiner Gemeinderechte belegt kein Aufstreben des Absolutismus, sondern viel- mehr das Scheitern diesbezüglicher Ansätze. Erst nach der Aufhebung der Reichsverfassung 1806 konnte der Fürst kraft Souveränität nach Belieben über die Gemeinderechte verfügen. KAISERNAHE FÜRSTEN IM REICHSDIENST Beziehungen zur Zentralebene des Reiches wurden vor allem durch die Grafen bzw. Fürsten vermittelt. Insofern sind die Dienste lokaler Regenten am Kai- serhof und den übrigen Reichsinstitutionen ein wichtiges Indiz für die relative Reichsnähe oder -ferne. Nachdem von den Vaduzer Dynastien be- reits die Sulzer als Erbhofrichter des kaiserlichen Landgerichts Rottweil dauerhaft Reichsfunktionen wahrgenommen hatten und auch die Hohenemser sich als kaiserliche Heerführer einen Namen ge- macht hatten, wurde unter den ab 1699 bzw. 1712
das Land am Alpenrhein regierenden Liechtenstei- nern die engste Sphäre der Kaisernähe erreicht. Fürst Johann Adam Andreas (1657/1684-1712) war seit 1703 Präsident der kaiserlichen Girobank. Sein Nachfolger Fürst Anton Florian von Liechten- stein (1656/1712-1721) diente als kaiserlicher Kämmerer, Rat und Diplomat, war als solcher un- ter anderem beim Co-Pol der europäischen Doppel- spitze, dem Papst in Rom, akkreditiert. Anschlies- send war er mit der Erziehung des kaiserlichen 57) Kaiser (1989), S.456 ff. und S. 461; Press (1981), S.72 ff. 58) Akten: HHStA, Reichshofrats-Judicialia, Denegata recensiora 263-268. 59) Press (1981), S. 70. 60) Herrmann, Susanne: Die Durchführung von Schuldenverfahren im Rahmen kaiserlicher Debitkommissionen im 18. Jahrhundert. In: Sellort, Wolfgang (Hrsg.): Reichshofrat und Reichskammergericht. Köln, 1999, S. 111-127; Westphal, Siegrid: Kaiserliche Rechtspre- chung und herrschaftliche Stabilisierung 1648-1806. Köln. 2002, S.268. 61) Kaiser (1989), S. 467; Schädler, Albert: Die geschichtliche Entwicklung Liechtensteins. In: JBL 19 (1919), S. 5-72, hier S. 13. 62) Kaiser (1989), S. 468 ff; Seger (1978), S.193 ff. 27