Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2006) (105)

verläuft, zeigt sich in der Umfrage als Kluft zwischen autoritär-traditionahstischen Persönlichkeiten und modern-liberalen Persönlichkeiten. Alle diese Befunde zusammen genommen, scheint das weiter oben erwähnte politische Testament Pe- ter Kaisers in doppelter Hinsicht aufgegangen zu sein. Er schrieb im Jahr 1848: «Wenn wir unsern Vortheil recht verstehen, können wir ein Völklein vorstellen, das Niemandem gefährlich ist, aber doch Allen Achtung abnöthigt.»62 Dass das «liechtenstei- nische Völklein» niemandem militärisch gefährlich ist, dürfte ohne weiteres einsichtig sein. Formell wird die Achtung durch die Anerkennung der Sou- veränität ausgedrückt, wobei insbesondere die Mit- gliedschaft im Europarat (seit 1978) und der UNO (seit 1990) hervorzuheben sind. Der Finanzplatz Liechtenstein ist hingegen manch anderem Staat ein Dorn im Auge. Trotzdem dürfte der wirtschaftli- che Boom der vergangenen Jahrzehnte im Ausland insgesamt eher Bewunderung denn Neid und Ab- lehnung ausgelöst haben, nicht zuletzt wegen der Kleinheit des Landes. Die Identitätsumfrage belegt nun, dass die Worte Peter Kaisers sich nicht nur im Verhältnis Liechtensteins zu anderen Staaten ten- denziell bewahrheitet hat, sondern auch der aktuel- len Selbstwahrnehmung der liechtensteinischen Be- völkerung entspricht: Selbstbewusst, möglichst un- abhängig, Stolz auf Land, Leute und Leistungen - aber auch offen, integrierend, kooperationsbereit, flexibel und ohne übertriebene nationale Dünkel. So zeigt sich -jedenfalls im Mittelwert aller Befragten - eine Bevölkerung, deren Einstellung gut in die heu- tige Zeit der wirtschaftlichen Globalisierung, der zu- nehmenden Migration, der technischen Umwälzun- gen und der Wissensexpansion passt. In dieser Hin- sicht scheint Liechtenstein manchen grösseren Staaten einen Schritt voraus zu sein. 62) Zit. nach Kind 1905, S. 34 f. 232
	        

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