DIE GÄRTEN DES FÜRSTEN ALOYS VON LIECHTENSTEIN / STEFAN KÖRNER OBSTBAUMZUCHT Wurde bereits im März 1799 erstmals die planta- genmässige Anpflanzung von Obstbäumen im Park von Eisgrub erwähnt,43 so beauftragte man 1802 Plantagengärtner Lieska, «eine Pflanzschul von Zwergel und Mittelstämmigen Winter Obst Bäumen besten und neuesten Qualität»44 zu begründen. Ziel war eine auf Vollständigkeit angelegte Pomologie, wozu Ende des Jahres 1804 zirka 400 000 Stämme in den Pflanzschulen von Eisgrub und Feldsberg standen, von denen die veredelten Exemplare im Eisgruber Naturgarten gepflanzt wurden.45 Immer wieder drängte Aloys auf Berichte über die Entwicklung «seines Obstwaldes»,46 worauf Jo- seph Lieska stolz bemerkte, dass dieser den grossen Obstbaumsammlungen in Deutschland gleichzustel- len sei und der Beste in den österreichischen Lan- den zu werden verspräche.47 Lieska überzeugte im Februar 1805 den Fürsten, für dieses Unterfangen die Pflanzen des berühmten Pomologen Johann Ludwig Christ in Kronberg im Taunus in Anspruch nehmen zu dürfen.48 Dessen Sammlung von Obst- hölzern aus ganz Europa repräsentierte in Lieskas Augen den «Fortgang der guten Sachen, vor des all- gemeinen Wohl».49 In Ludwig Christs Fachpublika- tionen taucht immer wieder der Begriff des fürsorg- lichen «Hausvaters» auf, der mit dem Obstbau die «nützlichen und angenemen Geschäft»50 zu verbin- den weiss. Ein von Joseph Lieska erstellter Katalog und eine eigene Kategorisierung der Obstpflanzen zeigen das systematische Bemühen um botanische Forschung. Die im März 1805 noch neuen Bemühungen sollten nach Sicht der Hofkanzlei «die in den Oesterreichi- schen Staaten bisher sehr Vernachlässigte Obst- baum Cultur durch ... erworbene Kenntnisse zum [ästhetischen] Vortheil unseres Eisgruber Gartens, dann unser übrigen Höffe zur höhere Vollkomenheit ... bringen».51
BOTANISCHE BILDUNG FÜR DEN BESUCHER 1804 werden die Anlagen im Majoratsgebiet Felds- berg-Eisgrub wegen eines über die Grenzen der Habsburgermonarchie hinausgehenden Vorbild- und Bildungscharakters gelobt: «Es muß selbst un- serm Staate zur Ehre gereichen, wenn man es ein- mal auch im Auslände erfährt, wie sehr sich die wohlthätigsten Anstalten zur Emporbringung der Oekonomie ausbreiten, und den Nationalschatz ver- mehren».32 Dies umfasste die Anlage des mustergültigen May- erhofes Eisgrub, die neue Schule und vor allem den Naturgarten, der - wie es 1798 heisst - «von sehr vielen Fremden besucht»53 wird. «[N]ach den Re- geln der Gartenkunst»54 angelegt, galt er mit tausen- 43) Vgl. Hofkanzlei an Joseph Lieska. 21. März 1799; HALW, Hof- kanzlei. Sig.; G-3/29 (40). 44) Eisgruber Amt an den Schloss- und Orangeriegärtner Holle und an den l'lanteur Lieska. 7. Dezember 1802: HALW. Hofkanzlei. Sig.: G-3/52. 45) Vgl. Joseph Lieska an Fürst Aloys von Liechtenstein. 20. Dezem- ber 1804 und 13. Februar 1805: HALW. Hofkanzlci. Sig.: G-3/45 und G-3/5S (24). 46) Joseph Lieska an Fürst Aloys von Liechtenstein, 9. Dezember 1804: HALW, Hofkanzlei. Sig.: G-3/46. 47) Vgl. Joseph Lieska an Fürst Aloys von Liechtenstein. 13. Februar 1805: HALW. Iloikanzloi. Sig.: G-3/58 (24). 48) Vgl. Genehmigung dos Unternehmens Lieskas durch Aloys: HALW Hofkanzlci, Registerband 1805. Eisgrub Nr. 24, 15. Februar 1805; Bezug auf: Hofkanzlei, Sig. G-3/58. 49) Joseph Lieska an Fürst Aloys von Liechtenstein. I 3. Februar 1S05; HALW, Hofkanzlci. Sig.; G-3/58 (24). 50) Christ, Johann Ludwig: Von Pflanzung und Wartung der nützli- chen Obstbäume ... für Ookonomen und Liebhaber der Obstgärtne- rei. Bd. 1. Frankfurt am Main. 1792/1791. Vorbericht. S. V. 51) Hofkanzlei an Joseph Lieska. 2. April 1805; HALW, Hofkanzlei. Sig.: G-3/58 (24). 52) Patriotisches Jageblatt. 2. Mai 1804 (Nr. 35), S. 469. 53) Denkschrift aus dem Turmknopf des Eisgruber Rathauses. 28. Oktober 1798; zit. nach: Witzany. Michael: Die Markgrafschaft Mähren und die Marklgemeindo Eisgrub. Bd. 3. Eisgrub. 1901. S. 345. 54) Patriotisches Jageblatt. 2. Mai 1804 (Nr. 35). S. 469. 101