Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2005) (104)

DIE GÄRTEN DES FÜRSTEN ALOYS VON LIECHTENSTEIN / STEFAN KÖRNER Als Konzession an die gewandelten gesellschaftli- chen Erfordernisse öffnete der Fürst jedoch das Theater bei freiem Eintritt für seine Untertanen. Der von allzu Kritischem befreite Spielplan - Stücke von Iffland und Kotzebue waren untersagt - offenbarte die Hoffnungen der Zeit: Im Rückzug auf die Kunst hoffte man, ein letztes Refugium der optimistischen Aufklärungshoffnungen zu finden. Friedrich von Schiller, von der Umsetzung der Ideale der Franzö- sischen Revolution durch Chaos und Guillotine ent- täuscht, entwarf das Ideal der Kulturnation. Wich- tigstes Element der erträumten Staatenkonstitu- ierung war neben der Kunst die Bildung, für deren Verbreitung Wilhelm von Humboldt Ideen ent- wickelte. Den Reformbestrebungen geschuldet war auch Fürst Aloys' botanischer Schau- und Lehrgarten für die Landbevölkerung. Die moderne Gestaltung und Ausstattung des neuen Mayerhofes in Eisgrub war wegweisend für die moderne Gestaltung und Aus- stattung von Nutz-, Wohn- und Verwaltungsbauten auf dem Lande. Das 1803 gegründete Feldsberger Erziehungshaus für die untertänige Landjugend nimmt in seinem Konzept Bildungsideen Humboldts auf beziehungsweise verweist auf das Dessauer Phi- lanthropinum, der Bildungseinrichtung der Auf- klärung. Auch die Wohnverhältnisse des Fürsten Aloys und seiner Gattin Karoline im Eisgruber Schloss werden als bürgerlich und bescheiden be- schrieben.3 Ihr neues Wohn- und Majoratspalais in der Wiener Herrengasse öffneten sie 1795 zur Be- sichtigung. Die Gärten und Wälder standen für Spa- ziergänger offen. Aloys nimmt also offensichtlich die humanisti- schen Ideen der Zeit auf, wenn er sich auch nie öf- fentlich politisch äusserte oder staatliche Ämter be- kleidete. Doch Erziehung zu Humanität und Förde- rung der Bildung als Leitvorstellung menschlichen Strebens sollten keineswegs zur Konstituierung ei- ner bürgerlichen Kulturnation führen. Vielmehr zeigt sich der aufgeklärte Adel nicht unkritisch, aber staatserhaltend bezogen, humanistisch denkend, aber dem Stand verpflichtet. Mit «kleinen Geschen- ken» an die Untertanen sollten der soziale Frieden und die Standesschranken bewahrt werden. Im «El-fenbeinturm 
seiner Ambitionen» behielt der junge Fürst den überlieferten Gesindebegriff bei. Die Un- tertanen in den Herrschaften und die Angestellten des Hauses waren Teil einer standesrechtlich ab- hängigen Hofdienstfamilie und damit keine vollbe- rechtigten Mitglieder der Gesellschaft; sie wurden jedoch seitens des Fürsten wohlfahrtlich unterstützt und mit Bildungsangeboten gefördert. Die zeitgenössische Presse huldigte dem Fürsten von Liechtenstein mit Vokabeln wie Menschen- freundlichkeit und Väterlichkeit und stellte ihn als Veränderer auf seinen Gütern hervor. In der Kon- zentration seiner Aktivitäten auf die untertänigen Herrschaften liess Aloys bis 1805 eine nahezu mus- tergültige «Welt im Kleinen» entstehen. Hiermit si- cherte er Besitz und Daseinsberechtigung seines Standes, reagierte aber zugleich auf die ausgeblie- bene Fortsetzung der Josephinischen Reformen mit der Konzentration auf das Private. Die vielversprechenden Reformideen von Kaiser Joseph II. waren gescheitert. Bereits Leopold II. hat- te die Reformen nicht mehr fortsetzen können. Er musste sie wegen des unnachgiebigen Widerstan- des von Adel und Klerus rückgängig machen. Kaiser Franz II. verkörperte nach 1792 ein Regime des Traditionalismus, was zur Folge hatte, dass Öster- reich am wenigsten produktiv auf die Belastungs- probe der Revolution reagieren konnte. Fürst Aloys versuchte auf seinen Mustergütern die Gratwande- rung zwischen dem Festhalten an grundherrlichen Privilegien und einem neuen Verständnis von Herr- schaft und moderner bürgerlicher Geisteshaltung. Grundlage war der rationale Zugriff auf Leben und Ehe, Gesellschaft und Kommunikation sowie Natur und Landschaft aber auch das - wenn auch aufge- weichte - ständische Denken des Feudalismus. 2) Schmidt, Adolph: Ausflug auf der Kaiser Ferdinands Nordbahn, von Wien... in die reizenden Gegenden von Feldsberg und Eisgrub. Wien. 1839. S. 5 I'. 3) Vgl. Patriotisches Tageblatt. 2. Mai 1804 (Nr. 35), S. 468; siehe auch: Krickel. Adalbert Joseph: Fusswanderung von Wien... nach Eisgrub und Feldsberg. Wien. 1829. S. 60. 91
	        

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