Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2005) (104)

onsgeltern die ersagte summa der 600 f. in darge- schossnen Sorten widerumben zuehanden stellen lassen wollen, maßen dann selbe bey fürnehm- mendter confiscation derentwegen sich gehorsamb- lich anmelden mögen. Urkhundtlichen unnß aigenhändig underschrei- bendt: und unnser angebohrnes gräfflfiches] insigl hiefür truckhenn lassendte. So geschehen an St. Jo- annistag stlylus] nfovus]Anno 1676.M Der junge Graf Ferdinand Karl Franz hatte erst im Herbst 167535 - also wenige Monate, bevor er die zitierte Urkunde ausstellte - die Alleinregierung über seine Länder angetreten. Dabei befand er sich bereits in einer aussichtslosen finanziellen Lage, denn laut Herrschaftsvertrag von 1614 hatten die Untertanen jährlich nur eine nicht erhöhbare Sum- me Geldes zu bezahlen, während die Reichssteuern ständig stiegen.36 Im Juni 1676 entlehnten nun die Stände der Grafschaft Vaduz auf «Ansinnen» und «Requirieren» (Verlangen) des Grafen Geld bei Ritt- meister Hartmann Planta zu Malans, das zur Fort- setzung eines «reassumierten» - also eines bereits begonnenen - Prozesses sowie für andere gräfliche «Anliegenheiten» verwendet werden sollte. Beim erwähnten Gerichtsverfahren dürfte es sich um ei- nen so genannten Informationsprozess, also erst um eine Vorstufe zum Hauptverfahren, gehandelt haben. Wer nun dessen Fortführung betrieb, wird im Text nicht ausdrücklich erwähnt. Aus der Formulie- rung «und anderen unseren Anliegenheiten» lässt sich kein einseitiges Interesse des Grafen daran ab- leiten. Es ist schwer vorstellbar, dass die Obrigkeit bei ihrer Pflicht, Recht zu sprechen, von den Unter- tanen finanziell unterstützt worden wäre, wenn die- se damit nicht das Hexentreiben zu fördern beab- sichtigt hätten. Diese Vermutung wird dadurch be- stärkt, dass der Graf nach der Einhändigung des Geldes keine entsprechenden Aktivitäten entwickel- te. Diese hätten vermutlich hohe Aufwendungen verursacht, wären dem Grafen aber nicht zugute ge- kommen, da die zu erwartenden Konfiskationsgel- der vertragsgemäss an die ständische Kasse gefal- len wären. 
Die Aussicht auf Einnahmen durch Konfiskatio- nen im Gefolge von Hexenprozessen bedeutete also keineswegs, dass der Graf überhaupt an der Einlei- tung solcher Gerichtsverfahren interessiert war, ge- schweige denn, dass er sie nur um des Geldes willen führte. Der Landesherr scheint es vorgezogen zu ha- ben, das von den Ständen entlehnte Geld für andere vorgesehene «Anliegenheiten» zu verwenden. Viele Leute betrachteten den Grafen deshalb als Hinder- nis bei den Hexenverfolgungen. Dem entspricht eine gerichtliche Zeugenaussage vom 29. April 1678, laut der damals manch einer mit der Fortsetzung der Verfahren rechnete, sobald sich der Landesherr wieder ausser Landes befinden würde.37 Es scheint also, dass Ferdinand Karl Franz nicht die Hexenprozesse, sondern das Interesse der Un- tertanen daran bestmöglich nutzte, und zwar ohne sich den Schwierigkeiten dieser Gerichtsverfahren zu unterziehen. Bei den später geführten Hexenpro- zessen dürfte er die vertraglichen Verpflichtungen von 1676 nicht mehr anerkannt zu haben, denn die Berücksichtigung der oben zitierten Schadloshal- tung zählte noch zu den Forderungen, welche die Untertanen im Jahr 1683 vorbrachten.38 Aber schon davor hatten die Stände, nachdem sie weitere finanzielle Belastungen auf sich genommen hatten und es im Gefolge des Hexentreibens von 1679 zu einer schweren Krise gekommen war, vom Grafen die Verschreibung sämtlicher ordentlicher und ausserordentlicher Herrschaftseinkommen so- wie der Konfiskationsgelder, die nach den Hexen- prozessen von 1678 und 1679 noch nicht eingezo- gen worden waren, erlangt.39 Bei den letzten Ge- richtsverfahren in Vaduz war Ferdinand Karl Franz also nicht mehr unmittelbarer finanzieller Nutznies- ser, obwohl er weiterhin die Verantwortung dafür trug. Der Vorwurf, der Graf habe die Hexenprozesse im Rahmen seiner unverantwortlichen Herrschafts- praxis zu einem «Raubzug» gegen die Untertanen verwendet, trifft somit nicht in dem Sinn zu, dass er an deren Führung als Mittel zum Zweck interessiert war. Unproblematischere Einnahmen versprach ihm die Berücksichtigung des Verfolgungsbedürf- nisses weiter Kreise der Untertanen. Bei den von ih- 80
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.