Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2005) (104)

schienen war,12 aufgrund des leidenschaftlichen Textes und der kühnen, aber doch feierlichen Melo- die gerade das Richtige zu sein. Er nahm am Text lediglich die kleine, emotionell jedoch bedeutende Änderung von «God save our Lord, the King» zu «God bless our noble King» vor. Die im «Thesaurus Musicus» abgedruckte Melo- die ist offensichtlich schon über mehrere Jahrzehn- te in verschiedenen Abwandlungen gesungen oder als Teil von Instrumentalstücken gespielt worden. Der grosse Komponist John Bull (1562-1628), der unter der Herrschaft von Königin Elisabeth I. der englischen Musik besonders durch seine Komposi- tionen für das Cembalo zu Geltung verholfen hat, hinterliess ein Tanzstück, das sowohl in der Melo- die wie auch in den Harmonien alles Wesentliche der späteren Hymne enthält.1:5 Ein von Henry Purcell (1659-1695) komponier- tes Menuett bringt eine Melodie, die ebenfalls dem «God Save the King» sehr verwandte Wendungen, jedoch eine andere Taktzahl aufweist. Eine etwas entfernte Verwandtschaft ist auch bei den folgen- den Melodien festzustellen: Die Melodie «Remember, 0 thou man» von 1611 zeigt eine deutliche Verwandtschaft zur Kompositi- on von John Bull in der Moll-Version. Schliesslich soll auch noch das in Genf 1603 erschienene pa- triotische Lied «Ce qu'e laino, le Mäitre de Batail- le», mit dem oft versucht wurde, den Engländern den Ursprung der Melodie streitig zu machen, an- geführt werden. DIE ERSTE OFFIZIELLE NATIONALHYMNE DER WELT In «God Save the King» fanden sich 1745 alle Vor- aussetzungen und Merkmale für ein erfolgreiches Nationallied. Die Melodie war feierlich, kraftvoll und von hoher musikalischer Qualität. Sie war als patriotisches Lied in ihrer Grundform bekannt und durch frühere Publikationen in weiten Kreisen ver- breitet. Der Text war glühend patriotisch gegen die Stuarts und die Jakobiten gerichtet und damit reli- giös antikatholisch und antipapistisch. Er gab dem 
Lied eine zusätzliche kämpferische Note. Die ersten Aufführungen fanden in einer Zeit höchster staats- politischer Bedrängnis statt, als die Bevölkerung nach patriotischer Aufmunterung geradezu lechzte. Diese Fakten und die vielen Aufführungen nach Opern-, Konzert- oder Theaterabenden führten da- zu, dass die Britische Regierung im gleichen Jahr «God Save the King» zur offiziellen Nationalhymne erklärte. Sie ist damit die erste offizielle National- hymne der Welt. Seit dem 18. Jahrhundert hat sowohl der Text, wie auch die Melodie und deren Harmonisierung verschiedene Änderungen über sich ergehen lassen müssen. Eine «offizielle» Version wurde von der Britischen Regierung nie festgelegt. DER STREIT UM DIE AUTORSCHAFT DER MELODIE Das grösste und zuverlässigste englische Musiklexi- kon «The New Grove Dictionary of Music and Musi- cians»14 bemerkt zur Urheberschaft: «Music and words anonymous». Damit vermeidet der Verfas- ser, sich in den Streit um Autorschaft einmischen zu müssen. Eine ganze Reihe von Musikforschern aus Gross- britannien und anderen Nationen haben die Fak- ten über den Ursprung der Melodie zusammen ge- tragen und kommen zum Schluss, dass die Melodie keinesfalls das in einem Zug entstandene Werk ei- nes einzehien Komponisten ist. Wer jedoch die 1744 in der Liedersammlung «Thesaurus Musicus» erschienene Fassung, die von Thomas Augustin Arne und auch von Charles Burney für ihre Bearbeitun- gen verwendet wurden und die schliesslich zur bri- tischen Nationalhymne wurde, ist bis heute nicht eindeutig beweisbar. Arne war ein sehr gewissen- hafter Komponist, der sicher den Komponisten ge- nannt hätte, wenn dessen Name bekannt gewesen wäre. Der bestens ausgebildete Musiker und scharf- sinnige Beobachter des damaligen Musikgesche- hens Charles Burney (1726-1814), der später durch seine musikalischen Reiseberichte weltberühmt wur- de, hat schon damals, wie Scholes nachweist, dem 20
	        

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