Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2005) (104)

DIE GÄRTEN DES FÜRSTEN ALOYS VON LIECHTENSTEIN / STEFAN KÖRNER Fazit «Wahrlich, es würde euch bange werden, wenn die ganze Welt, wie ihr es fordert, einmal im Emst durchaus verständlich würde.» Friedrich Schlegel, Über die Unverständlichkeit, 1799/1800 Die europäische Aufklärung suchte nach dem ratio- nalen Zugriff auf das Leben und Handeln des Einzel- nen, auf Einflussmöglichkeiten auf Gesellschaft, Kommunikation, Wissenschaft aber auch Kultur und Natur. Die Französische Revolution 1789 war diesem Ideal nicht nahe gekommen. Daher schien die Idee einer gerechten Gesellschaft, zumindest in Intellektuellenkreisen, einstweilen gescheitert - ge- scheitert am überstürzten Aktionismus, am egoisti- schen Machtdrang und vor allem an den fehlenden geistigen Voraussetzungen, die Welt verständlich zu machen. Doch der Epochenwandel vom Feudal- zum Bürgerstaat war um 1800 eingeleitet und nicht mehr aufzuhalten. Die so genannten aufgeklärten Monarchen versuchten in Mitteleuropa, Revolutio- nen durch Reformen zuvorzukommen. Diese Ansät- ze wurden jedoch durch Traditionalismus und un- gebrochene Machtverhältnisse ignoriert, sukzessive modifiziert und zunehmend eliminiert. In diese Phase des Epochenwandels fällt die Re- gierungszeit eines der wohlhabendsten und begü- tertsten Hochadeligen des Habsburgerreiches: des Fürsten Aloys I. von Liechtenstein. Das vielgestalti- ge und sehr wandelbare Handeln des jungen Adeli- gen in Land- und Forstwirtschaft, Wissenschaft, Bil- dung und Kunst zeigt exemplarisch das Reagieren auf die gesellschaftlichen Veränderungen im künst- lerisch-gestalterischen Bereich, ohne das bestehen- de System und seine Stände in Frage zu stellen; denn das hiesse, jene zu untergraben. Unter dem Credo des Schönen und Nützlichen entstand auf Aloys' Gütern in Südmähren und Niederösterreich eine Idealwelt im Kleinen, in der all seine Initiativen zusammenliefen. Deren verknüpfendes Element waren die Gärten sowie land- und forstwirtschaftli- chen Flächen, die inhaltlich wie künstlerisch als engstes verwandt galten. In ihnen begründet sich 
das Entstehen einer neuen Kunstschöpfung, des Englischen Gartens im deutschen Raum, der als Kompilationspunkt eines ökonomisch-landschaftlich- botanisch-ästhetischen Gesamtkunstwerkes schlüs- sige Sinnkonzepte im gesellschaftlich irritierten Eu- ropa um 1789 zu geben versuchte. Mit der Einführung nordamerikanischer Forsthöl- zer, deren wissenschaftlicher Bearbeitung und gross- angelegtem Anbau in «Forstlichen Ausländereien» in der Herrschaft Eisgrub leistete Aloys einen gewal- tigen nationalen Dienst für die Botanik, Volkswirt- schaft, Pädagogik aber auch für die Kunstentwick- lung. Im Rahmen der befürchteten Holzknappheit aufgrund eines unkontrollierten Ressourcenraub- baus lenkte der Fürst schon zu Beginn der 1790er Jahre sein Interesse auf schnellwachsende exoti- sche Baumsorten. Er reiste in das Gartenreich des Fürsten Franz von Anhalt-Dessau und Hess hier Gärtner ausbilden, wo bereits fremdländische Nutz- und Zierpflanzen gezüchtet wurden. Zahlreiche Kontakte zu Pflanzenhändlern in ganz Europa und die von Aloys ausgestattete botanische Sammel- und Studienreise nach Nordamerika zeigt das keine Kosten und Mühen scheuende Handeln des Fürsten um neuartige Nutz- und Zierhölzer für Wälder und Gärten. Die Liechtensteinische Nutzpflanzensamm- lung war die grösste und erste im Gebiet des dama- ligen Österreich, die wissenschaftlich-botanisches Interesse deutlich vor ihre Repräsentationswirkung 103) Philipp Prohaska an Hofkanzlci, 9. Juli 1801; HALW. Hofkanz- lei. Sig.; G-5/9. 104) Nota der Hofkanzlei. 19. Juli 1801: HALW, Hofkanzlci. Sig.: G-:V9 (254). 105) Überschlag zur Neuanlegung des Gartens in der Rossau von Philipp Prohaska, 27. Oktober 1801; HALW. Hofkanzlei, Sig.: G-5/9 (215-254). 106) Vgl. Überschlag zur Ncuanlegung des Gartens in der Rossau von Philipp Prohaska. 27. Oktober 1801: HALW, Hofkanzlei. Sig.: G-5/9 (215-254). 107) Nota der Hofkanzlei. 19. Juli 1801; HALW, Hofkanzlci, Sig.: G-5/9 (254). 108) Ignatz von l lämerle an Fürst Aloys von Liechtenstein, 8. Sep- tember 1802; HALW, Hofkanzlei. Sig.: G-5/9 (330). 129
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.