Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2004) (103)

W. ROSENBAUM-DUCOMMUN RECHTSANWALT RECHTSANWÄLTE DR. M. SCHILLER, DR. A. GRENDELMEIER, DR. V. WYLER TELEFON NO. 27.117 ZÜRICH 1 STADELHOFERSTR. 26 POSTCHECK VIII 6549 Sehr geehrter Präsident, Sehr geehrte Herren Richter, Die Privatbeteiligten, die Überlebenden Herr Fritz Rotter und Frau Wolf sowie die Schwester des ver- storbenen Alfred Rotter haben meinen verehrten Kollegen, Dr. Marxer und mich mit der Wahrung ih- rer Interessen betraut. Nach dem § 18 der liechten- steinischen Strafprozessordnung erhalten die Pri- vatbeteiligten am Verhandlungsschlusse nach dem Staatsanwalt das Wort, um ihre - so der Wortlaut des Gesetzes - «Ansprüche auszuführen und zu be- gründen und diejenigen Anträge zu stellen, über die sie im Haupterkenntnisse mitentschieden haben wollen.» Rein prozessual betrachtet, erscheint somit die Aufgabe der Vertreter der Privatbeteiligten klar umschrieben und auch denkbar einfach. Demnach hat der Privatbeteiligte die rechtlichen Vorausset- zungen für den Zuspruch der von ihm verlangten Entschädigung sowie das Quantitativ dieser Ent- schädigung nachzuweisen und zu 
begründen. I2 Diese an und für sich scheinbar einfache Aufgabe ist im vorliegenden Falle in vielfacher Beziehung schwierig und heikel, schwierig deswegen, weil bei der Einstellung der Angeklagten über eine jede der rechtlichen Voraussetzungen unserer Schadenser- satzansprüche eine erbitterte Kontroverse entbren- nen kann und heikel deswegen, weil das Pro und Kontra in diesen Kontroversen eigentlich nicht auf juristischem sondern auf gefühlsmässigem und auf politischem Gebiete spielt, Gebiete also, die für eine leidenschaftliche und unsachliche Auseinanderset- zung als geradezu prädestiniert erscheinen. An dieser Stelle möchte ich sowohl im Namen meines verehrten Kollegen Herrn Dr. Marxer wie auch für mich selbst mit aller Entschiedenheit eine Vorbemerkung vorausschicken. Wir lehnen es Beide 
ab, Politik zu treiben und wir lehnen Beide jegliche Gefühlsjurisprudenz ab. Wir wollen als bescheidene Diener des Rechtes und als ehrliche Gehilfen des Richters dem Richter helfen, das Recht zu finden, wohlverstanden das Recht und nichts anderes. Nun sind wir aber bei der Geltendmachung und bei der Begründung der Ansprüche unserer Klien- ten naturnotwendig gezwungen, den Nachweis da- für zu führen, dass die rechtlichen Voraussetzungen dieser Ansprüche gegeben sind. Ich verdeutliche: Wir verlangen für unsere Klienten beispielsweise nicht nur die sogenannte «eigentliche Schadloshal- tung», sondern wir verlangen darüber hinaus die «volle Genugtuung». Dieses Letztere sind wir gemäss § 1324 a.b.G.B. nur zu verlangen berech- tigt, «im Falle eines aus böser Absicht verursachten Schadens». Wir werden also den Nachweis der «bö- sen Absicht» führen müssen und werden schon hier auf den ersten erbitterten Widerstand der Ange- klagten stossen, deren Verteidigungsmotto ja sein wird, aus angeblich edlen und schätzenswerten Mo- tiven gehandelt zu haben. Den Genugtuungsanspruch unserer Klienten lei- ten wir aber auch aus Art. 40 L.Z.G.B, ab. Es handelt sich dabei, terminologisch gesprochen, nicht um den gleichen allgemein gefassten Genugtuungsan- spruch, wie sich derselbe aus § 1324 a.b.G.B. ergibt, sondern um einen speziellen Anspruch, wie ihn spe- ziell das liechtensteinische Recht kennt und in Art. 40 umschreibt. Art. 40 L.Z.G.B, spricht nun von Voraussetzungen wie: «Besondere Schwere der Verletzung», «Besonderer Wert des angegriffenen Guts», «Stärke des Angriffs». Die Erörterung all dieser Voraussetzungen wird ebenfalls zu Kontroversen Anlass geben. Denken Sie meine Herren beispielsweise nur an die zweitge- nannte Voraussetzung, an den «besonderen Wert des angegriffenen Gutes». Die Angeklagten werden sich ja mit aller Vehemenz darauf berufen, dass von/4 einem solchen besonderen Werte angeblich nicht die Rede sein könne. War doch in ihren Augen das Menschengut, das sie rauben wollten, nichts an- deres als nichtsnutzige und verabscheuenswerte 72
	        

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