ZUR ERSTVERÖFFENTLICHUNG DES ROSENBAUM- PLÄDOYERS / KLAUS BIEDERMANN Stellungen des Überfalls. Zudem wurde knapp 30 Jahre der Überfall politisch instrumentalisiert: Die oppositionelle Vaterländische Union portierte einen Landtagskandidaten, der (zu Unrecht) beschuldigt wurde, eine aktive Rolle beim Entführungsversuch gespielt zu haben. Dieser hatte angeblich das Mor- phium geliefert und dies speziell für den Zweck, die Entführungsopfer zu betäuben. Diese Rückbesin- nung auf die tragischen Ereignisse vom April 1933 belegt, dass eine Verdrängung des Verbrechens nur selektiv erfolgte. Personen aus dem persönlichen Umfeld und der Verwandtschaft der Tätergruppe mochten die Ereignisse sehr wohl verdrängt haben, andererseits wurde die Erinnerung an diese Tragödie von anderen politischen Kreisen durchaus wieder aufgewärmt, wenn dies ihnen politisch von Nutzen sein konnte. Eine Darstellung des Überfalls auf die Rotter fehlt in der heimatkundlichen Historiographie bis in die 1980er Jahre vollständig. Erste wissenschaftliche Untersuchungen zu den 1930er Jahren mit Einbezug der Rotter-Entführung erschienen in den 1980er Jah- ren. Ausführliche Studien und Darstellungen zum Verbrechen an den Rotter folgen dann in den 1990er Jahren. Bedauerlich ist, dass auch in seriöse Studien der verharmlosende Begriff «Rotter-Affäre» Eingang gefunden hat. 55) Ebenda. 56) Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich auf Geiger. Krisenzeit. Band 2, S. 53 f. 57) Bellasi. Riederer, S. 97-1 14. 58) Sowohl Andreas Bellasi wie auch Ursula Riederer, beide in Zürich geboren, sind als Journalisten und Buchautoren tätig. 59) Obige Darstellung nach: Bellasi, Riederer, S. 101 f. 60) Ebenda, S. 102. - Interessant am Rande ist. dass Sommerlad und Franz Roeckle, der Drahtzieher des Überfalls, als Architekten miteinander in einem Konkurrenzverhältnis standen. So hatte Sommerlad beim Projektwettbewerb für den Bau des Vaduzer Rathauses gar nicht erst teilgenommen, wissend, dass er gegen den von Bürgermeister Ludwig Ospelt favorisierten Franz Roeckle sowieso keine Chance hatte (vgl. dazu Bellasi. Riederer, S. 95). 29