haltung des Volkes»123 weiterhin symbiotisch verbin- de und dass sein Nachfolger diese Tradition fortzu- setzen wisse. Inwieweit sein Nachfolger, Fürst Hans-Adam IL, den mit diesem Fürstenbild verknüpften Erwar- tungshaltungen gerecht wurde und wie die Bezie- hung von Fremdbild und Selbstbild beschaffen war, müsste eingehender untersucht werden. Fest steht, dass das Bild des Fürsten, bei allem bewahrenden Potential, nicht völlig störungsunempfindlich ist. Denn zum einen birgt - der Konzeption des unsterb- lichen Fürstenkörpers zum Trotz - der Tod des regie- renden Fürsten die Gefahr eines Interregnums und mithin einer Erschütterung der bestehenden Ord- nung.124 Zum anderen tragen Monarch und Bürger- tum auch in einem gut austarierten Staat ihre tägli- chen Interessenskonflikte aus. Vor diesem Hinter- grund bietet die Ablösung eines Fürsten durch sei- nen Nachfolger auch die Möglichkeit einer Neube- wertung des Fürstenbildes. Sicher war die in den 1990er-Jahren geführte Ver- fassungsdiskussion, die sich 1998 zu einem Verfas- sungsstreit ausweitete, eine Zeit, in der eine solche Neubewertung des alten, unter Fürst Franz Josef II. entwickelten Bildes vom weisen und gütigen Landes- vater gesucht wurde. Die zum Teil hart geführten po- litischen Auseinandersetzungen Hessen eine Kehr- seite des Fürstenbildes sichtbar werden, die zwar in- tegraler Bestandteil des Fürsten- und Vaterbildes war, nach 1850 aber kaum mehr in dieser Schärfe wahrgenommen worden war: Das Bild vom strengen Landesvater, der bereit ist, seine Landeskinder-aus seiner Sicht zum Wohle des Vaterlandes, also immer noch im Rahmen und zur Wahrung der bestehenden Ordnung - zu disziplinieren. Die Ankündigung von Fürst Hans-Adam IL, dass er bei einer Ablehnung der neuen Verfassung das Land verlassen und seine Familie eventuell nicht mehr das Staatsoberhaupt stellen werde, war eine solche Disziplinierungs- massnahme. Welches Potential in dieser Drohung des Landesvaters, seine Landeskinder zu verlassen,
liegt, versteht nur, wer sich bewusst macht, dass das Bild des Fürsten tatsächlich im Zentrum der Liech- tensteiner Identität steht. Peter Geiger hat daraufhingewiesen, dass dieses Verhalten des Fürsten «tiefe Verunsicherung» aus- gelöst habe: Das «liechtensteinische Selbstverständ- nis» sei erschüttert worden, und viele Liechtenstei- nerinnen und Liechtensteiner hätten sich - unab- hängig davon, ob sie die Verfassungsvorschläge be- fürworteten oder ablehnten - «fundamental in ihrer liechtensteinischen Identität» getroffen gefühlt.125 Eine anlässlich einer Informationsveranstaltung der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP) zur Verfas- sungsfrage im Januar 2002 gemachte Aussage spie- gelt diese Verlustangst eines (Landes)-Kindes, seinen (Landes)-Vater zu verlieren: Es war niemand Gerin- gerer als der Landtagspräsident Klaus Wanger, der mit folgendem Ausspruch den «Satz des Jahres» kreierte: «Ohne Fürst sind wir nichts.»126 216