Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2004) (103)

1943 Büchel ist die Historie sekundär und der Männerchor singt: «0 Land voll Luft und Frieden! dich schützte wohl zweihundert Jahr in Sturm und Ungewittern der Fürstenadler immerdar, du brauchtest nicht zu zittern, dich schirmt fürder auch mit Kraft die Fürs- tenhand, die Fürstenhand, die Hohes schafft, dir Land voll Luft und Frieden! Drum auf! Empor zum Schwur die Hand! Auf, alle die da wohnen, vom Falk- nis bis zum Rheinesstrand und die in fremden Zonen. Ruft Treue bis zum Grabesrand, dem Fürsten und dem Heimatland, die Gott im Himmel segne.»64 Schliesslich findet sich in der Liedersammlung das «Liechtensteiner Fürstenlied» sowie «Das Lied an Fürst und Vaterland» von Julius Quaderer mit den Schlussworten: «Tragt in die ganze Welt den Ju- belchor, der Treu dem Fürsten Liechtenstein besin- get, dem edelsten der Fürsten jubelt Heil, in Lieb zum Volk und Heimatklang erklinget!»65 Jubiläen, die sich nicht an <Fürstendaten> orien- tierten, wurden erst 1942, 1949 und 1956 begangen. Die 600-Jahrfeier der Grafschaft Vaduz 1942 fand al- lerdings in sehr bescheidenem Rahmen statt.66 Es er- schien zwar eine fünfteilige Briefmarkenserie mit hi- storisierenden Darstellungen,67 doch bargen weder der Heilige Luzius noch der «Neubau der Burg» oder die «Schlacht bei Gutenberg» Identitätsangebote. Für die 250-Jahrfeier zum Kaufvertrag von Schellen- berg 1949 und die 150-Jahrfeier zur Erlangung der Souveränität des Fürstentums Liechtenstein 1956 wurden je ein historisches Festspiel geschrieben und aufgeführt.68 Beide haben das gleiche Erzählmuster und zeigen erneut die zentrale Stellung des Fürsten in der Erinnerungskultur Liechtensteins: Das liech- tensteinische Volk, geknechtet von bösen Vögten, ist unruhig, doch harrt es, ermahnt von weisen Frauen und Männern, aus, bis der Fürst von Liechtenstein erscheint, der das Volk errettet und das goldene Zeit- alter einläutet. Die liechtensteinische Identitätsfin- dung erfolgt offensichtlich nicht als Errichtung einer neuen Ordnung über einem sakralen Opfer. Vielmehr gibt das Fürstenhaus die Fluchtlinie der Geschichte 
vor, an deren historischem Endpunkt das Bild des Fürsten im goldenen Licht erstrahlt. Das 1956 von Oskar Eberle verfasste Festspiel «Liechtenstein» kann dies exemplarisch verdeutli- chen. Im ersten Akt-«Dein Name sei Liechtenstein» - werden die Erwerbung der Grafschaft Vaduz durch Fürst Johann Adam im Jahr 1712, die «Huldigung» und anschliessend die Vereinigung von Vaduz und Schellenberg im Jahr 1719 thematisiert. Der zweite Akt - «Liechtenstein - souveraines Fürstentum» - handelt nun nicht, wie es der Jubiläumsanlass und der Titel des Spiels erwarten lassen würden, von den Ereignissen im Jahr 1806. Es ist offensichtlich, dass hier zu wenig Theaterstoff zu holen war. Vielmehr wird eine sagenhafte Geschichte von der Befreiung Liechtensteins erzählt, die stark an Schillers Wil- helm Tell> erinnert. In der ersten Szene, angesiedelt in einer Hirtenlandschaft, erscheint der böse Land- vogt Harprecht, der gegen Land und Leute frevelt. Gessler gleich missbraucht er seine Macht, jagt den Bauern das Vieh ab und bedroht die einheimischen Frauen. «Das Goldne Band, / Das Volk und Krone treu verband, / Riss der Herr Vogt ruchlos entzwei», klagt der alte Hirte. Im Unterschied zur Gründungs- sage der Schweizer Nachbarn tritt nun aber kein Volksheld auf die Bühne, der den Tyrannenmord be- geht und bereit ist, für Freiheit und Vaterland sein Leben zu opfern. Das geschundene Volk «harret mit Geduld», vertrauend «auf des Fürsten Huld». Auch als Barbara, die allegorische Verkörperung des Lan- des Liechtenstein, vom Vogt gefangen genommen wird, regt sich das Volk nicht. Sie selbst wendet sich, bevor sie in den Kerker verbannt wird, nochmals mahnend an das gottesfürchtige Volk mit den Wor- ten: «Wir bauen auf des Fürsten Wort / Er sei uns Trost und unser Hort». Nun singen und beten die Kin- der, und ein kurzes revolutionäres Zwischenspiel bricht unvermittelt ab. So leitet keine heldenmütige, aufopfernde Tat die Wende ein, sondern der feierli- che Einzug des Fürsten: «Sei uns gegrüsst Fürst Liechtenstein! / Zieh endlich in dein Schloss nun 204
	        

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