FÜRST JOHANN IL UND SEINE SAMMLUNG DER WIENER BIEDERMEIERMALEREI / ROSWITHA FEGER pressionistischen Stils eines der vorrangigen Ziele der Vereinigung. Das Jahr 1898 gilt als das «offizielle» Jahr der Wiederentdeckung Waldmüllers, die sich anlässlich der Ausstellung «Fünfzig Jahre österreichische Ma- lerei» im Wiener Künstlerhaus ereignete.267 Neben Werken von Waldmüller waren dort En- der, Kriehuber, Makart, Pettenkofen, Emil Jakob Schindler und Schwind ausgestellt.im Von Wald- müller allein waren 66 Werke zu sehen, weshalb Ludwig Hevesi mit Recht von seiner Auferstehung sprach.265 Die Ausstellung im Künstlerhaus wurde von der Kritik als ein Entgegenkommen in Rich- tung der Bestrebungen der Sezessionisten gese- hen.270 Im bereits 85 Jahre alten Rudolf von Alt sah man ein Bindeglied zur Epoche des Vormärz. Deshalb machte man ihn zum ersten Ehrenpräsidenten der Sezession. Zu deren erstem Präsident wurde Gus- tav Klimt gewählt.271 Der ungarische Kunstkritiker, und begeisterte Anhänger der Sezession, Ludwig Hevesi (1842- 1910) bezeichnete Waldmüller anlässlich dieser Ausstellung als den «Ursecessionisten», da auch er schwere Konflikte mit den Konservativen der Aka- demie auszutragen hatte, um seine künstlerische Gesinnung kundzutun. In seiner Ausstellungskritik «Zwischen zwei Se- zessionen», die er nur Waldmüller gewidmet hatte, schrieb er diesem eine erste Sezession zu:272 Wald- müller habe eine Künstlervereinigung gründen wollen, wie sie die heutige Sezession sei, doch sei dieser Plan vereitelt worden. Als Waldmüller 1855 und 1856 nach Paris und London zur Weltausstellung reiste, habe er an- schliessend nach seiner Rückkehr «... tief beküm- mert über die Nichtigkeit der österreichischen Kunst, seine <Andeutungen zur Belebung der vater- ländischen bildenden Kunst)» geschrieben.273 Hevesi bewunderte aber nicht nur Waldmüllers Kämpfernatur, sondern auch seine Malerei. Er würdigte die Facetten seiner Kunst, indem er zum Beispiel zu den Sizilienbilder schrieb: «Mit einem zur Ruhe herabgesättigten Auge, dem gleichsam al- les mit Licht durchtränkt schien, so daß keine Ein-zelfarbe
mehr für sich losknallt, wie in der bunten Heimatswelt».274 Johann II. hatte drei der Gemälde Waldmüllers aus Sizilien in der Galerie Liechten- stein ausgestellt (Abb. 23, 24, 25).275 Insbesondere hob Hevesi die Landschaftsbilder Waldmüllers hervor: «Überhaupt verstand er sich schon auf Atmosphä- re. Die grauen, blauen, violetten Töne, in denen seine landschaftlichen Hintergründe schwimmen, oder das ganze Bild <Hütteneck> mit dem Blick hin- ab auf den Hallstätter See und hinüber auf den Dachstein, sind so von heute, daß z. B. Calames Al- penbilder daneben veraltet aussehen würden».27'' Die «Llütteneckalpe» war eine der Landschaften, die Waldmüller in den 1830er Jahren im Salzkam- mergut gemalt hatte. In der Galerie Liechtenstein waren insgesamt sieben Landschaften dieser Reihe zu sehen (Abb. 20, 21).277 263) Ebenda. 264) Waissenberger. Robert: Die Wiener Secession. Wien. München. 1971, S. 23. - Im Folgenden zitiert als: Waissenberger. 265) Ebenda. S. 23 f. 266) Ebenda, S. 50. 267) Ebenda. S. 313. 268) Ebenda. S. 50. 269) Frodl 1987. S. 1, Anm. 6. 270) Waissenberger, S. 50. 271) Ebenda, S. 86: Frodl 1987, S. 1, Anm. 4. 272) Hevesi, Ludwig: Zwischen zwei Sezessionen. 23. Oktober 189S. In: Acht jähre Sezession. Wien, 1906 |a), S. 58. - Im Folgenden zitiert als: Hevesi 1906 (a). 273) Ebenda, S. 62. 274) Ebenda, S 61. 275) Vgl. Kronfeld, S. 217, Nr. 2076, 2077, 2080. 276) Hevesi 1906 (a), S. 61. Hevesi nimmt wohl Bezug auf das Gemälde «Der Dachstein mit dem Hallstätter See von der Hütteneck- alpe bei Ischl», 1838. Öl auf Holz, 45.5 x 47,5 cm. Es war Bestand- teil der Schenkung Johanns IL an das Historische Museum 1894. Historisches Museum der Stadt Wien. HM Inv. Nr. 8151. 277) Vgl. Kronfeld, S. 2)7-219. Nr. 2073-2075, 2079, 2081. 2082, 2095. 65