Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2003) (102)

Abschliessend sei auf einen Künstler hingewie- sen, der zwar nicht unumstritten zum Wiener Bie- dermeier gezählt werden kann, der aber nie seine Herkunft als Schüler der Wiener Akademie ver- leugnen konnte. Den Gemälden des ungarischen Malers Käroly Marko des Älteren (1791-1860) war unter den Italienbildern in der Galerie Liechten- stein am meisten Platz zugewiesen, soweit dies heute noch rekonstruierbar ist. Einerseits waren es ideal komponierte, heroische Landschaften, ande- rerseits aber spielten sich dort, mit dem Bemühen Markos um eine klassische Bildwirkung, alltägliche Szenen der italienischen Landbevölkerung ab. Die in ihrer Genrehaftigkeit durchaus berechtigt ihren Platz behaupteten. In Ungarn geboren, ging Marko im Alter von 31 Jahren nach Wien. Dort besuchte er ein Jahr lang die Akademie. Anschliessend blieb er weitere zehn Jahre in der Stadt,169 bevor er über Venedig, Bolo- gna und Florenz nach Rom reiste. Mit Ausnahme einer Reise in die Heimat im Jahr 1853 blieb Mar- ko bis zu seinem Tod in Italien.170 Dort nahm er sich die Kunst der Carracci und des Nicolas Poussin, aber besonders des Claude Lorrain zum Vorbild.171 Beispielhaft dafür ist die ideale «Landschaft mit Brunnen»172 (Abb. 28): Bau- ersfrauen gehen mit ihren Kindern zum Brunnen, um zu waschen und Wasser zu holen. Eine alltägli- che Szene, doch zu narrativ, um nur Staffage zu sein. Das ganze Bild ist erfüllt von einer überaus heiteren Farbigkeit und liebevollen Detailfreude. Hell und heiss scheint die Sonne auf die Lichtung mit dem Brunnen. Die ockerfarbene Erde kontra- stiert zum saftigen Grün im Vordergrund. Im schat- tigen Moos leuchten rote Blüten. Marko trug eine ideale Landschaft mit der Erzählfreude und satten Farbigkeit eines Wiener Biedermeierkünstlers vor. 
Betrachtet man das Gesamtwerk des «ungari- schen Lorrain», wie Marko genannt wurde, so ist die Nähe zu seinem Vorbild offensichtlich. In ein- zelnen Werken aber, wie dem hier vorgestellten, geht die Verbundenheit mit den Wiener Malern tie- fer. Es ist, als ob Marko durch das Leben und das Arbeiten in Italien sich seiner Wurzeln in der Wie- ner Landschaft bewusst geworden wäre.173 Der Kunsthistoriker Ludwig Hevesi charakteri- sierte Markos Werk in treffender Weise: «Holder Friede, süße Eintracht, ohne natürliche Zuchtwahl, ohne Geologie, Metereologie und Pflanzengeogra- phie, goldig schimmernde Entstellung der Wahr- heit, die doch keine Richtigstellung zu fürchten braucht».174 169) Bodnär, Eva: Leben und Werk von Käroly Marko dem Älteren. In: ID. Marko Käroly (1791-1860). Kat. Ausst. Budapest, 1991, S. 25. 170) Ebenda, S. 31. 171) Szabö. Julia: Die Stellung der Kunst von Käroly Marko dem Älteren in Ungarn und in Europa. In: Kat. Ausst. Budapest, 1991, S.13. 172) 1838: Öl auf Leinwand, 37 x 42 cm. 173) Vgl. Frodl 1987, S. 35. 174) Hevesi, Ludwig: Österreichische Kunst im 19. Jahrhundert. Leipzig, 1903, S. 90. - Im Folgenden zitiert als: Hevesi 1903. 40
	        

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