Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2003) (102)

DIE LANDSCHAFT Die Entwicklung in der Wiener Biedermeierland- schaftsmalerei kann seit ihren Anfängen anhand der Gemälde in der Galerie Liechtenstein nachvoll- zogen werden. Mit der Landschaftsmalerei war in der Sammlung vor allem jene Gattung vertreten, mit der sich im Vormärz die meisten Maler be- schäftigten, mehr noch als mit der Genremalerei oder den Bildnissen.89 Die Biedermeierlandschaften der Galerie Liech- tenstein wurden in dieser Untersuchung in drei Themengebiete - die Entwicklung aus der Barock- malerei, die Wiederentdeckung der Natur und die Italienbilder - eingeteilt. Damit sind nicht die Ur- sprünge, die zur Entwicklung dieser Landschafts- malerei führten, gemeint. Diese würden die Ideal- landschaft, das barocke Effektstück und die Vedu- tenmalerei als Quellen präziser darstellen. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass zur Zeit Jo- hanns IL die Biedermeiermalerei erst wieder aus der Vergessenheit gehoben worden und noch nicht weiter erforscht war. Daher scheint es sinnvoll, die Werke der Galerie Liechtenstein nach inhaltlichen Gesichtspunkten zusammenzufassen. DAS BAROCKE ERBE Im Wien des Vormärz waren autodidaktisch gebil- dete Künstler die Ausnahme. Fast jeder Künstler hatte die Akademie der bildenden Künste besucht und wurde mehr oder weniger offensichtlich durch deren Ausbildungsmethoden geprägt. Eine beliebte Lehrmethode war das Studium oder das Kopieren alter Meister. Auf diese Weise sollte die Begabung zum Malen und zum Sehen geschult werden. Be- sonders Werke der holländischen Meister wie des Italien-Malers Nicolaes Berchem (1620-1683) oder des Landschaftsmalers Philips Wouwerman (1619- 1668), aber auch Werke der Franzosen Nicolas Poussin (1594-1665) und Claude Lorrain (1600- 1682) und des Italieners Salvator Rosa (1615-1673) dienten als beliebte Kopiervorlagen. Die starke, nachbarocke Strömung in der Malerei während der 
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm ihren Ausgang also von der Akademie der bildenden Künste.90 Die meisten der um 1800 geborenen angehen- den Landschaftsmaler erhielten ihren Unterricht bei Josef Mössmer (1780-1845), der von 1812 bis 1845 das Fach Landschaftszeichnung lehrte.91 Mössmer selbst hatte bei den barocken Land- schaftsmalern Martin von Molitor (1759-1812) und Johann Christian Brand (1722-1795) gelernt.92 Durch den Maler Johann Christian Brand erfuhr die Atmosphäre in der Landschaftsmalerei eine neue Bewertung und bestimmte oft sogar die Bild- komposition mit.93 In seiner Stellung als Akademie- professor für Landschaftszeichnung konnte Brand massgeblichen EinfLuss auf die weitere Entwick- lung der Landschaftsmalerei nehmen.94 Eine der frühesten Biedermeierlandschaften der Galerie ist die «Landschaft mit Wasserfall», eine Kopie nach Jacob van Ruisdael von Ferdinand Ge- org Waldmüller95 (Abb. 11). Johann II. hatte sie be- reits 1883 erworben.96 Sie ist zugleich die früheste erhaltene Kopie einer holländischen Landschaft dieses Malers.97 In den Jahren von 1821 bis 1826 schuf Wald- müller in Dresden und Wien etwa ein Dutzend Ko- pien nach Jacob van Ruisdael. Gerade in Wien war es üblich, holländische Meister zu kopieren. Die 89) Prodi, Gerbert: Landschaftsmalerei. In: Bürgersinn und Aufbe- gehren. Kat. Ausst. Wien, 1988, S. 158. - Im Folgenden zitiert als: Frodl 1988. 90) Feuchtmüller 1987, S. 7; Frodl 1988, S. 160. 91) Frodl, Gerbert: Wiener Malerei der Biedermeierzeit. Rosenheim, 1987, S. 36. - Im Folgenden zitiert als: Frodl 1987. 92) Ebenda, S. 34. 93) Frodl 1988, S. 156. 94) Frodl 1987, S. 32. 95) 1822; Öl auf Leinwand, 53 x 62 cm. 96) Anhang, S. 76. 97) Feuchtmüller 1996, S. 34, VW 93. 22
	        

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