Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2003) (102)

DER HERRSCHAFTLICHE MEIERHOF GAMANDER OB SCHAAN / HANS STRICKER solche vermeintlichen Vermischungen der zwei Ka- tegorien durchaus möglich sind. Schwerer wiegt dagegen der Vorbehalt, dass nach Ausweis der Fachliteratur16 der 
Personenname Meander im churrätischen Raum (in dem ja auch wir uns befin- den) und darüber hinaus überhaupt nicht auf- scheint.17 Damit bleibt der Ansatz gewissermassen im luftleeren Raum hängen und kann nicht als wahrscheinlich eingestuft werden. Eine zweite Fährte wird von Nipp ziemlich kurz - vielleicht doch zu kurz? - abgetan: «Ein Pflan- zenname Gamander ist unwahrscheinlich». Gehen wir auch dieser Spur nach! Er bezieht sich auf den deutschen Namen für die krautige Pflanze 
namens Teücrium (aus der Familie der Lamiaceae), die in unserem Raum vor allem in den nachfolgend genannten Arten 
vorkommt: Teü- crium chamaedrys L. <Edel-Gamander> (auf Tro- ckenwiesen und Felsensteppen, kollin-subalpin), Teücrium montanum L. <Berg-Gamander>, wilder Rosmarin (trockenwarme Hänge, Felsen und Fels- schutt, kollin-subalpin), evtl. auch 
noch Teücrium scorodönia L. <Salbeiblättriger Gamander) (lichte Wälder, Waldränder, LIeiden, kollin-montan).18 Der 
Name Gamander bezeichnete freilich (nach dem Schweizerischen Idiotikon™) in der alemanni- schen Volkssprache noch eine andere Pflanze, nämlich 
die Veronica. chamaedrys L. oder Ehren- preis) (auch Wildes Vergissmeinnicht oder Hen- nenäugli genannt). Auch sie ist für den uns hier in- teressierenden Raum gut nachgewiesen.20 Sprach- lich hängt das schon im Mittelhochdeutschen als gamandre f. lebende Wort mit dem griechischen Xauou5pv<; (chamaedrys) zusammen.21 13) Zur Illustration des oben angesprochenen Wandels im Namenge- brauch sei hier für Schaan der vom Liechtensteiner Namenbuch in den letzten zehn Jahren registrierte heutige Gebrauch von Genus und Ortspräposition den Verhältnissen von 1911 gegenübergestellt, die von Josef Ospelt und Eugen Nipp aufgezeichnet worden waren. Es wird dabei eine beträchtliche Verschiebung allein im 20. Jahr- hundert sichtbar. Die heutige Gebrauchsform wird zur Hervorhe- bung kursiv gedruckt; ihr folgen in Klammern die von Ospelt und/oder Nipp vorgefundenen Bedingungen: ir Bardella (Ospelt: ir B.\ Nipp: / B-); im Bartledura (Ospelt: uf B.. Nipp: /' / tifß.), im Besch (Ospelt: i B.); im Efisalf (Nipp: Isisalß; im Fanal (Nipp: / F.); im Gafos 
(Ospelt: i der G.); im Gampergrilsch (Nipp: i G.)\ im Gapetsch (Ospelt. Nipp: ( G.); im Gaschlo (Ospelt: ( G.. Nipp: uj'G.); und so weiter! Wir sehen, dass sich in Schaan neutrales Namengeschlecht und damit der Gebrauch der Präposition im massiv ausgebreitet hat. (Anders- wo können diese jungen Tendenzen wieder in andere Richtungen führen: im Raum Grabs und in Triesen etwa treten grössere Femini- nagruppen hervor: in Triesen z. B.: t Epadrella, l, Eggaslera; in Quarten und Flums sind es Maskulina, die gehäuft vorkommen). Die Beispiele zeigen klar, wie wenig man sich auf die heutige Situation im Gebrauch der Namen verlassen kann, wenn es darum geht, die älteren sprachlichen Verhältnisse zu beurteilen. - Unser Fall Gaman- der gehört demgegenüber zu jenen Namen, deren Gebrauch bei' diesem Vergleich unverändert geblieben ist: im Gamander (Ospelt: im G.; Nipp: im I is G ). Bei den erwähnten Autoren handelt es sich um: Josef Ospelt: Samm- lung liechtensteinischer Orts- und Flurnamen. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Band 11 (1911). S. 
5-141. — Eugen Nipp: Die romanischen Orts- und Flurna- men des Fürstentums Liechtenstein. Dissertation (handschriftlich). Wien. 1911. Im Folgenden zitiert als: Nipp, 1911. 14) Vgl. Hans Stricker: Zur Sprachgeschichte des Rheintals, vor allem Werdenbergs und Liechtensteins. In: Die Sprachlandschaft Rheintal. Schriftenreihe Nr. 4 der Gesellschaft Schweiz-Liechten- stein. St. Gallen, 1981. S. 44. 15) Vgl. Nipp 1911, S. 43. 16) Vgl. Konrad Huber: Rätisches Namenbuch. Bd. III: Die Personen- namen Graubündens, mit Ausblicken auf Nachbargebiete. Bern, 1986 (Namenindex). 17) Ob das für Italienisch Bünden (Calanca) belegte Mandrino (als Diminutivbildung) zu Meander gestellt werden könnte, bleibt unsi- cher; Huber reiht ihn unter den Namen unbekannter Herkunft ein. 18) Man vergleiche die botanischen Grundlagenwerke: Konrad Lauber; Gerhart Wagner: Flora Helvetica. Flora der Schweiz. Bern, Stuttgart, Wien, 1996, S. 844; Heinrich Seitter; Flora der Kantone St. Gallen und beider Appenzell. St. Gallen, 1989, S. 554 f.; ferner natürlich vor allem Heinrich Seitter: Die Flora des Fürstentums Liechtenstein. Vaduz, 1977, S. 37S (wo es etwa zu Teücrium cha- maedrys heisst: «Auch heute bis in die Talebene herab verbreitet. Balzers. Gutenberg, 500 m. Schaan, auf dem Eisenbahndamm der ÖBB, 455 m. SE Eschnerberg, 600 m. ...»). 19) Vgl. Schweizerisches Idiotikon, Band 2, S. 297, s. v. Gamander. Siehe ferner auch Jakob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörter- buch (1878; Neuauflage München 1984), Band 4, S. 1207 f. 20) Vgl. Heinrich Seitter: Die Flora des Fürstentums Liechtenstein. Vaduz. 1977, S. 400: Veronica Chamaedrys L.. Gamander-Ehren- preis: «In Auenwäldern und Riedwiesen der Talebene und auf den Heidewiesen der Hänge bis 1400 m verbreitet. Auf dem Rhein- damm. ...». 21) Vgl. Schweizerisches Idiotikon, Band 2, S. 297. 203
	        

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