DIE FUNDMÜNZEN VOM KIRCHHÜGEL BENDERN HARALD RAINER DERSCHKA im Benderer Fundgut vertretene eidgenössische Münzstätten sind Solothurn (Nr. 127, 1623) und wiederum Luzern (Nr. 94, 1597-1625; Nr. 95, 1673-1688). Wendet man den Blick nach Norden, so ist der mitteldeutsche Raum nur durch einen Pfennig des Grafen Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg vertreten (Nr. 75, 1596-1612). Dafür fällt der bay- erische Anteil mit einem Pfennig (Nr. 48, 1644) und zwei Halbbatzen (Nr. 49, 1624; Nr. 50, 1623-1651) ins Auge. Diese drei Stücke wurden unter Maximili- an I. in München geprägt. Herzog Maximilian setzte bald nach seinem Regierungsantritt im Jahre 1598 eine umfassende Staatsreform in Gang, die das bis- lang eher rück- und randständige Bayern in das mo- dernste und effizienteste Territorium des Reiches verwandelte.108 Maximilians wohlorganisierte Ar- mee bildete die Speerspitze des Katholizismus im Reich und liess Bayern zu Beginn des Dreissigjähri- gen Krieges zeitweise als Macht von europäischem Rang erscheinen; Maximilians Erhebung zum Kur- fürsten im Jahre 1623 bildete die Krönung dieser Entwicklung. Auch dem Münzwesen widmete Maxi- milian seine Aufmerksamkeit.109 Vor diesem Hinter- grund nimmt es wenig wunder, dass die gesteigerte Münzemission Bayerns bis ins Alpenrheintal aus- strahlte. Allerdings fand diese Entwicklung unter den Nachfolgern Maximilians vorerst keine Fortset- zung; erst das von Napoleon geschaffene Königreich Bayern des 19. Jahrhunderts hinterliess wieder Ak- zente im Benderer Fundgut. Die wichtigste politische Entwicklung des späte- ren 17. Jahrhunderts lag im Engagement Öster- reichs im Osten: Nachdem der Westfälische Friede dem Spielraum der Habsburger im Reich enge Grenzen gesetzt hatte, konzentrierten sie sich im Osten auf den Kampf gegen das Osmanische Reich. Unter dem unauffälligen, aber erfolgreichen Kaiser Leopold I. (1658-1705) verwandelte sich der Ab- wehrkampf in die Rückeroberung des Königreiches Ungarn. Österreich etablierte sich als Grossmacht am Südostrand Mitteleuropas.110 Dieser Prozess zeitigte im Alpenrheintal noch für lange Zeit keine wirtschaftlichen Folgen, welche sich im Münzum- lauf nachweisen Hessen. An Geld des 17. Jahrhun-derts
aus dem österreichischen Raum fanden sich lediglich ein Kippervierer und ein Kreuzer Erzher- zog Leopolds V. von Tirol (Nr. 106, 1619-1625; Nr. 107, 1626-1632) sowie ein Wiener Kreuzer Kaiser Leopolds I. (Nr. 99, 1698). Im früheren 18. Jahrhundert setzten sich zu- nächst noch die für das 17. Jahrhundert beobach- teten Tendenzen fort. Vorherrschend bleibt das Kleingeld aus den rätischen Münzstätten mit einem Pfennig (Nr. 56) sowie einem Zweipfennigstück (Nr. 57) des Churer Bischofs Ulrich VII. von Feder- spiel (1692-1728), einem Haldensteiner Bluzger des Freiherrn Gubert von Salis (Nr. 74, 1726) und einem Reichenauer Pfennig des Freiherrn Thomas Franz von Schauenstein (Nr. 116, 1723-1740); in diesen zeitlichen Rahmen dürften auch drei Pfenni- ge der Stadt Chur fallen (Nrn. 67-69).111 Der Bodenseeraum bleibt mit einem Konstanzer Viertelkreuzer von 1703 (Nr. 88) sowie einem Lan- genargener Halbkreuzer (Nr. 97, 1735) und einem Kreuzer (Nr. 98, 1753) des Grafen Ernst von Mont- fort nun deutlich zurück. Aber auch die eidgenössi- schen Lande sind nur mehr schwach vertreten mit 105) Friederich, Stolberg, ab S. 106. insbes. S. 110. 106) Dazu grundlegend: Parker. Geoffrey: The Army of Flanders and the Spanish Road 1567-1659. The Logistics of Spanish Victory and Defeat in the Low Countries' Wars. Cambridge, 1972. ab S. 50 u. 80. - Zusammenfassend Press, Volker: Die Entstehung des Fürstentums Liechtenstein. In: Müller. Liechtenstein, S. 63-91; hier S. 64. 107) Raton, Liechtenstein. S. 17. 108) Merzbacher, Friedrich: Gesetzgebung und Rechtskodifikation unter Kurfürst Maximilian I. In: Um Glauben und Reich. Kurfürst Maximilian 1. Beiträge zur bayerischen Geschichte und Kunst 1573-1657. Hrsg. Hubert Glaser. München. 1980 (Wittelsbach und Bayern. Bd. H/1). S. 225-236. - Heydenreuter, Reinhard: Die Behör- denreform Maximilians I. In: Wittelsbach und Bayern II/l wie vor. S. 237-251. - Kraus, Andreas: Maximilian I. Bayerns grosser Kur- fürst. Regensburg, 1990, ab S. 54. 109) Albrecht, Dieter. Maximilian I. von Bayern 1573-1651. Mün- chen 1998, S. 217-218. 110) Evans, Robert John Weston: Das Werden der Habsburgermo- narchie. Gesellschaft, Kultur. Institutionen. Wien, 1986 (Forschun- gen zur Geschichte des Donauraumes. Bd. 6). ab S. 99. 11 1) Auf Nr. 67 ist der Stadtname CUR mit rundem U geschrieben; Trachsel, Graubünden, Nr. 398. S. 138. ordnet den Pfennig daher im Vergleich mit grösseren, datierten Nominalen um 1740 ein. 115