Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2002) (101)

auch der 
Hinweis: «aus der ursach ist des weibs ehebruch schwärlicher und. sträflicher zu achten als des manns»,317 wobei sich die Frage stellt, wel- che Ursache hier gemeint ist. Eine Vergewaltigung wurde anfänglich nur be- straft, wenn keine Ehe nachfolgte.318 Laut der Poli- zeiordnung zieht sie in jedem Fall die Todesstrafe nach sich. Genauso werden Bigamisten bestraft, und zwar Männer durch das Schwert und Frauen durch Ertränken. Beim Kampf gegen die sittliche Unordnung seien noch die «Lichthäuser» erwähnt. Sie dienten ur- sprünglich dazu, sich abends zur Arbeit in einem bestimmten Haus zu treffen, um sich zu Hause das Holz und das Licht zu ersparen. Anscheinend wur- de diese Einrichtung von den Leuten aber bald zu anderen Zwecken benutzt, nämlich um sich zum Tanz, Spiel und Gesang zu treffen. Dies rief, wie aus der Polizeiordnung hervorgeht, den Wider- spruch des Gesetzgebers hervor, welcher befand, dass «aus der nächtlichen versamblung licht- und gunckhel Stuben nichts änderst als allerhandt Un- zuchten, tantzen, spilen, mumereyen, fressen, saufen, hurereyen und endlich volle bäuch erfol- gen ..,».319 Deshalb wurden diese Lichthäuser gänzlich verbo- ten. Erlaubt war nur das gemeinschaftliche Arbei- ten in der Nachbarschaft, wobei man sich aber der Leichtfertigkeit, des Gesangs sowie unzüchtiger Worte enthalten sollte. Gleichfalls verboten wurden auch die Bräuche in der Fastnacht wie das Verklei- den und 
das «gefangen in die brunen werfen», die «nit allein gottes Ordnung, sondern aller christli- chen züchten ehrbarkeiten zuwider», 
320 weil eben- falls daraus viel Unzucht entstehen konnte. Verordnungen, die bestimmte Personengruppen betreffen Zu guter Letzt enthält die Polizeiordnung auch noch Verordnungen, die bestimmte Personengrup- pen betreffen. Zunächst setzt sie sich mit verschie-denen 
Händlern auseinander wie Krämern, Bä- ckern, Brotträgern und Brandweinschenkern, de- nen verboten wird, ihre Waren während der Messe anzubieten. Auch Wirte werden speziell erwähnt. Aus dieser Verordnung ist besonders gut ersichtlich, welche «Unarten» sich damals in der Grafschaft Vaduz eingebürgert hatten, worüber sich die Gäste be- schwerten. Da waren beispielsweise der unreine Wein, die schlecht schmeckenden Speisen oder die unsauberen Küchen. All dies wurde unter Strafan- drohung gestellt. Der Wirt darf seinen Gästen nicht mehr als fünf Pfund borgen. Generell wendet sich die Verordnung gegen das Anschreiben. Auf keinen Fall soll der Wirt ohne Beisein seines Gastes an- schreiben. Die «Sperrstunde» war im Sommer um acht und im Winter um neun Uhr abends. Danach durfte der Wirt seine Gäste nicht mehr bedienen, sondern musste 
sie «fein gütlich heimb weisen».321 Im Zusammenhang mit dem Bestreben, die Ar- beit als Mittel zur Sozialdisziplinierung einzuset- zen, steht auch die Verordnung über die Bettler. Der Gesetzgeber beklagt die Masse 
an «teutschen und welschen bettlern», die das Land über- schwemmen und nicht nur für die Untertanen, son- dern auch für die inländischen Bettler und hausar- men Leute eine Beschwerung darstellen, da diese für ihre eigene Unterhaltung weniger Geld erbet- teln können. Die Verordnungen hatten damit eine Bedeutung für die Armenfürsorge, indem man ver- suchte, ortsfremde Bettler hinaus zu drängen und die Fürsorge auf die Dorfarmen zu beschränken.322 Die ausländischen Bettler sollten nicht über die Grenze ins Landesinnere gelassen werden und kei- ne Almosen erhalten. Jede Gemeinde sollte selbst für ihre Bettler sor- gen. Dazu wurde nach dem Gottesdienst eine Schüssel aufgestellt, in die jeder nach seinem Ver- mögen spenden sollte. Die Aufsicht darüber hatte ein Spendmeister. Wer in seiner Gemeinde nicht versorgt werden konnte, bekam einen Schein aus- gestellt, der ihn dazu befähigte, auch in einer ande- ren Gemeinde zu betteln. 68
	        

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