Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2002) (101)

«LANDTS BRAUCH, ODER ERBRECHT» KARIN SCHAMBERGER-ROGL hen ist».314 Unverheiratete, die in flagranti er- wischt werden, erhalten Gefängnisstrafen. Der Ge- setzgeber beruft sich hier wieder auf Gottes Willen, auf den Zorn Gottes und seine Strafen, die über das ganze Land kommen. Ein uneheliches Kind konnte sowohl dem Vater als auch der Mutter zugesprochen werden. Stritt je- mand die Vaterschaft ab, so genügte der Schwur der Mutter als Beweis, dass dieser und kein ande- rer der Vater war. Keine Anweisung gibt die Polizeiordnung zur zwangsweisen Verehelichung einer Geschwänger- ten mit dem Vater ihres Kindes. Oftmals hatte der Verführer die Wahl, die Verführte auszusteuern oder zu ehelichen, im kanonischen Recht war die nachfolgende Ehe sogar verpflichtend.315 Auch mit der Prostitution, die ja mancherorts als notwendi- ges Übel geduldet wurde, setzt sich die Polizeiord- nung nicht auseinander.316 Besondere Beachtung findet hingegen der Ehebruch. Ehebrecher werden mit Gefängnis bestraft und gesellschaftlich geäch- tet. Beim dritten Mal erfolgt Landesverweis, beim vierten Mal die Todesstrafe. Von Bedeutung ist 
fol. 95v und 96r: Personen, die «in Unehren beyeinan- der sässen», sollen entwe- der zur Ehe gezwungen oder aber im Verweige- rungsfall des Landes ver- wiesen werden. Mit dieser Vorschrift versucht die Ob- rigkeit, die «leichtfertige beywohnung und hurerey», die «je länger je mehr über hand nimbt», zu bekämp- fen (Seite 64/65). 
fol. 96v und 97r: Der vor- eheliche Geschlechtsver- kehr wird mit einer Geld- strafe sowie mit Arrest belegt. Bei Ehebruch er- halten die Schuldigen eben- so Gefängnisstrafen; sie werden zudem mit gesell- schaftlicher Ächtung ge- brandmarkt. Die Verge- waltigung einer Frau zieht für den männlichen Verge- waltiger in jedem Fall die Todesstrafe nach sich (Seite 66/67). 302) Vgl. Schmelzeisen, Polizeiordnungen, S. 315. 303) LB fol. 79r. 304) Ebenda, fol. 72v. 305) Ebenda, fol, 74r. 306) Vgl. Lieberich, Anfänge der Polizeigesetzgebung, S. 362. 307) Hier handelte es sich um verschiedene ständisch bedingte Spielverbote und besonders um Geldspiele; vgl. Lieberich, Anfänge der Polizeigesetzgebung, S. 358 f. 308) LB fol. 94r. 309) Ebenda, fol. 99v. 310) Vgl. Lieberich, Anfänge der Polizeigesetzgebung, S. 357. 311) LB fol. 95v. 312) Vgl. Lieberich, Anfänge der Polizeigesetzgebung, S 353. 313) LB fol. 95v. 314) Ebenda, fol. 96v. 315) Vgl. Schmelzeisen, Polizeiordnungen, S. 23 f. 316) Ebenda, S. 23: «Die Kirche dulde die Dirnen umb vermeydung willen merers Übels in der Christenheit». Nürnberger Ordnung für die gemeinen Weiber. 15. Jahrhundert. 63
	        

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