Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2002) (101)

«LANDTS BRAUCH, ODER ERBRECHT» KARIN SCHAMBERGER-ROGL werdet Ihr diese dem Landvogt anzeigen und darü- ber weiteren Befehl erwarten ... Weiter werdet Ihr Witwen und Waisen vor Gewalt und Unrecht schüt- zen und Euren Stab und das Recht redlich füh- ren...».201 Fürsprecher und Räte Sowohl die Anklage als auch der Beklagte wurden durch jeweils einen Fürsprech und zwei Räte, die dem Fürsprech zur Seite standen, vertreten.208 Der Landschreiber Der Landschreiber war nicht nur Gerichtsorgan, sondern ein meist auf Lebenszeit bestellter Beam- ter.209 Er führte das Protokoll bei den Gerichtsver- handlungen, verfasste die schriftlichen Urteile und fertigte die öffentlichen Urkunden aus, die vom Landammann besiegelt wurden.210 Er überprüfte auch die ausserordentlichen Ausgaben und Ein- nahmen des Ammanns und sollte die Untertanen bei Rechtsproblemen mit Fremden beraten.211 Der Gerichtsweibel Vierzehn Tage vor der Gerichtsverhandlung rief der Gerichtsweibel das Gericht aus. Er wurde von der Landesherrschaft gewählt und vereidigt. Er zeigte auch Frevel und Verbrechen an und nahm Pfändungen vor.212 Während der Gerichtsverhand- lung verbannte er das Gericht und sass gemeinsam mit dem Landschreiber neben dem Landam- mann.213 In anderen deutschen Ländern wird er als Scherge, Fronbote oder Gerichtsdiener bezeichnet. Beklagte Der Beklagte (oder die Beklagten) vor dem Malefiz- gericht wird (werden) in den Quellen stets als Male- fizperson (Malefizpersonen) bezeichnet. 
Die auf Seite 13 wiedergegebene Abbildung aus einem Schulbuch soll als Illustration dienen.214 Es handelt sich hierbei um eine Gerichtssitzung bei der Kapelle Rofenberg. Dass der Landammann ei- nen gebrochenen Stab in seinen Händen hält, weist auf einen Malefizgerichtsprozess hin. In diesem 200) LLA Landsbrauch 17. Jahrhundert. 201) Die Funktion der Beisitzer als Geschworene führt öfters zu Verwechslungen in der Terminologie. Es gab nämlich Beamte, die zwar den Titel «Geschworene» führten, die aber vollkommen andere Aufgaben als die Beisitzer hatten. Sie waren die Vorsteher der Ge- meinden und hatten die Aufgabe, Holz und Feld zu schützen und zu schirmen, Weg und Steg zu bessern, Witwen und Waisen zu schüt- zen, aber auch Verbrecher an das Gericht auszuliefern und Frevel anzuzeigen; vgl. hierzu: Kaiser. Geschichte Liechtensteins, S. 357 f.; Ospelt. Alois: Wirtschaftsgeschichte des Fürstentums Liechtenstein im 19. Jahrhundert. In: JBL 72 (1972). S. 5-423, hier S. 74. 202) LLA Landsbrauch 17. Jahrhundert: «Umbfragen und verba- nung deß malefiz gerichts wie solches in der grafschaft vaduz üblich». 203) Es besteht auch noch die Möglichkeit, dass die Bezeichnung «Richter» eine Sammelbezeichnung für den Landammann und die Beisitzer ist. Das würde aber voraussetzen, dass der Landammann an der Urteilsfassung beteiligt war. 204) Bader. Karl Siegfried: Studien zur Rechtsgeschichte des mittel- alterlichen Dorfes: 2. Teil: Dorfgenossenschaft und Dorfgemeinde. Wien, 1974, S. 349 f. 205) Vgl. Vogt, Brücken zur Vergangenheit, S. 28. Das Vorschlags- recht hatten die verbleibenden Beisitzer, die der Herrschaft drei Männer zur Auswahl stellten. 206) Gerichtsprotokolle von Rofenberg 1602 bis 1605. In diesen vier Jahren wurde nur ein Beisitzer ausgetauscht; vgl. hierzu Hollaus. Petra: Das Maien- und Herbstzeitgericht zu Rofenberg: Eine Unter- suchung der Gerichtsprotokolle 1602-1605. In: Bausteine zur liechtensteinischen Geschichte. Studien und studentische For- schungsbeiträge. Hrsg. Arthur Brunhart. Zürich, 1999. Band 2. Neuzeit: Land und Leute, S. 189-191. 207) Aus: Regierungsarchiv, alte Abteilung: Fasz, 22, Materie 3. Zitiert nach: Vogt, Brücken zur Vergangenheit, S. 28 (vereinfacht). 208) LLA Landsbrauch 1682. 209) Vgl. Niederstätter, Beiträge Vorarlberg, S. 64 f. 210) Ospelt, Entwicklung des Gerichtswesens, S. 226. 211) Niederstätter, Beiträge Vorarlberg, S. 59. 212) Ebenda. S. 64. 213) LLA Landsbrauch 1682. 214) Skizze aus dem Schulbuch von Vogt, Brücken zur Vergangen- heit, S. 29. 49
	        

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