Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2002) (101)

VOTIVBILDER AUS LIECHTENSTEIN NORBERT W. HASLER oder die angerufenen Heiligen, die sich in Krank- heit, Unglück oder Naturkatastrophen erbarmten, erhalten im Erfüllen des Gelübdes (ex voto) das Bild: eine fromme Quittung sozusagen.8 Das Bedürfnis, sich in Situationen der Not und Gefahr die höheren Mächte durch Wallfahrten und Votivgaben günstig zu stimmen, ist fast so alt wie die Menschheit und in allen Kulturen zu finden. Be- richte von Wallfahrten sind schon aus vorchristli- cher Zeit bekannt. Die Griechen pilgerten für Kran- ke zum Tempel des Äsculap in Epidaurus und brachten für deren Wiedergenesung Votivgaben dar. Auch an Quellen, Flüssen oder Passübergängen wurden Weihegeschenke als Dank für bestandene Unbill oder als Bitte um Schutz und Beistand vor neuen Gefahren niedergelegt. Beispiele aus vor- christlicher Zeit sind auch auf dem Gebiet des Für- stentums Liechtenstein zu finden. 1958 wurde auf der Alpe Matta im hintersten Teil des Valorsch in ei- ner Geröllhalde eines Ausläufers des Ochsenkopfes ein rund 80 cm langes Eisenschwert mit Scheide aus der Latene-Zeit, aus der Wende vom dritten zum zweiten vorchristlichen Jahrhundert gefunden. Un- weit der Fundstelle befindet sich das Fürkle, ein Übergang, der das Valorsch mit dem anderen Sei- tental des Saminatals, dem Malbun, verbindet. Man ist heute der Auffassung, dass es sich bei derartigen Höhenfunden um Weihegaben handelt, «die von Offranden den Alpgottheiten als Bitt- und Dankes- opfer und wohl auch als Fruchtbarkeitsopfer darge-bracht 
worden sind, vielleicht in Erfüllung eines Gelübdes nach abgewendetem Unheil oder überleb- ter Naturkatastrophe. ... Nicht selten fanden sich die Weihegaben unter einer Steinplatte, einem grossen Felsen oder in einer Felsspalte versteckt, wie bei- spielsweise die Speerspitze auf der Alp Gritsch, an- dere wiederum lagen ungeschützt, Jahrtausende 4) Paul Vogt: Zur Baugeschichte. In: Die Mariahilf-Kapelle. Fest- schrift anlässlich der 700-Jahrfeier 1989, Balzers, 1989, S. 31-32. In einem Spendenaufruf von 1945 spricht der damalige Balzner Pfarrer Leonhard Hollweck ebenfalls von «zahlreichen Ex Votos» in der Marienkapelle; vgl. Franz Büchel: Die Geschichte der Pfarrei Balzers, o.J., S. 97. 5) Emanuel Vogt: Mier z Balzers, Lebensart. Band III. Vaduz, 1998, S. 237. Ein diesbezügliches Rundschreiben an die Pfarrämter Liechtensteins sowie an die Vorsitzenden der Kulturkommissionen aller Gemeinden des Landes vom 30. Oktober 2001 führte zu keinen positiven Rückmeldungen. Ebenso blieb ein Aufruf im Kirchenblatt In Christo Nr. 24 vom 30. November 2001 leider ergebnislos. Es ist daher anzunehmen, dass die einstmals vorhandenen Votivbilder zwischenzeitlich verloren gegangen sind. 6) Maria Kapp: Religiöse Volkskunst. Die Sammlung Ansgar Fütterer im Museum im Ritterhaus, Offenburg. In: Weltkunst, 71. Jahrgang, 15, 2001, S. 2394. 7) Harald Wanger: Die Pfarrei Schaan-Planken in Geschichte und Gegenwart. Beiträge zur Pfarreigeschichte. Schaan, 1991, S. 217-221. - Harald Wanger: Die Kirchen und Kapellen von Schaan. DoMus-Schriftenreihe Heft 1. Schaan, 1998, S. 26-27. 8) Vgl. Lenz Rettenbeck: Heilige Gestalten im Votivbild. In: Kultur und Volk. Beiträge zur Volkskunde aus Österreich, Bayern und der Schweiz. Festschrift für Gustav Gugitz. Hg. von Leopold Schmidt. Wien, 1954, S. 333-359. In einer Felsspalte bei der zu Schaan gehörenden Alpe Gritsch wurde 1940 diese eiserne Speerspitze gefunden. Auch hier han- delt es sich um eine Wei- hegabe, aus der Zeit um 100 vor Christus stam- mend. 295
	        

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