Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2002) (101)

REZENSIONEN / BEITRÄGE ZUR LIECHTEN- STEINISCHEN IDENTITÄT WIEDERANNÄHERUNGEN Sprechen in anderen Sprachen als den lokalen Dia- lekten wird auch von Mathias Ospelt (S. 107 f.) als Emanzipationsgeschichte erzählt und als Möglich- keit, sich dem Angestammten von einem eigenen (nichtidentischen) Standpunkt zu nähern. Neben einer sprachlichen Annäherung scheinen mir noch zwei andere Wiederannäherungen an die Herkunft im vorliegenden Band beachtenswert. Zum einen Hansjörg Quaderers Entwurf einer von der Natur, nämlich von der Quelle des Rheinstroms her, zu schreibenden Formgebung und «Identität des Tals» (S. 119). Zum anderen die «Zuggedanken» zu Bau- und Lebensweisen im städtischen Paris und ländli- chen Liechtenstein der Innenarchitektin Sabine Kranz. Der Künstler Quaderer plädiert für eine Auf- merksamkeitsverschiebung, welche vom «zwang- haft» Nationalen befreit. Der Artikulation (Strömun- gen und Kiesel) des Flusses soll, als einer unverfüg- bar prähistorischen Lebensspur des Rheintales, Raum gegeben und dieser physisch, durch einen «Contrat fluvial» (!) der rheinangrenzenden Staa- ten, gesichert werden. Sabine Kranz umkreist anreisend, sachkundig und beobachtend jene Orte, an denen sich liechten- steinische Gewohnheiten ablagern und Mentalitä- ten entlarven: Eigenheim und -garten. Kranz be- schreibt deren sauberes Erscheinungsbild, die be- vorzugte Massivbauweise und die holzfreudige Ver- wertung einer solcherart «intakten, wenn auch gebändigten Natur» (S. 55). Die soliden Aussen- und Innenräume in Liechtenstein werden nicht nur den rissigen Wänden in Paris gegenübergestellt, dem französischen Vorzug des Filigranen und Kostbaren vor dem Soliden und Schlichten. Nein, das liechtensteinische Eigenheim hält auch die ei- genen Lebensmöglichkeiten in einer Beschrän- kung, welche seelen- und landschaftsprägend eine Art «liechtensteinische Identität» stiftet: «Vielleicht verbaut man sich einfach die Möglichkeit zu Ände- rungen und Ausschweifungen, wonach die schon fast barocke Landschaft verlangen würde» (S. 57). 227
	        

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