Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2002) (101)

«LANDTS BRAUCH, ODER ERBRECHT» KARIN SCHAMBERGER-ROGL Einig sind sich Karl Heinz Burmeister und Theo- dor Bühler-Reimann in dem Punkt, dass die deutschrechtliche Natur kein Kriterium für ein Weistum ist, wie dies noch Hans Fehr forderte.96 Schon ab dem 16. Jahrhundert ist ein römisch- rechtlicher Einfluss zu beobachten. Dies ist, wie noch zu zeigen sein wird, auch für den liechtenstei- nischen Landsbrauch gültig. DIE BEDEUTUNG DER WEISTÜMER Nach Ansicht von Dieter Werkmüller liegt der Schwerpunkt des Quellenwertes der Weistümer in ihrer Bedeutung für die ländliche Rechts- und Ver- fassungsgeschichte und besonders für das grund- herrlich-bäuerliche Verhältnis.97 Aber Weistümer werden auch als Quellen für die Strafrechtsge- schichte herangezogen, wie die 1992 erschienene Dissertation von Ulrike Aichhorn zeigt.98 Sie über- prüft den Topos der strafrechtüchen Schlechterstel- lung der Frau gegenüber dem Mann anhand der Weistümer. Dabei kommt sie zu dem Ergebnis, dass die Frau dem Mann gleichgestellt, in mancher Hinsicht sogar bessergestellt war.99 Es gab keine geschlechtspezifische Differenzierung bei Delikten wie Zauberei, Hexerei, Gotteslästerung, Vagabun- dieren, Hausieren und Diebstahl. Als typische «Frauendelikte» galten Streit und Zank. Für viele Forscher steht die Bedeutung der Weis- tümer für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte im Vordergrund.100 Es geht dabei um die Beziehung des Herrn zu den Untertanen im Rahmen der Grundherrschaft und die Herleitung der Weistümer von den Urbaren. Besonders Erna Patzelt und Her- mann Wiessner untersuchten die Weistümer unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.101 Als Dokumente für Auseinandersetzungen zwi- schen Herrschaftsträgern sieht Irmtraut Eder die Weistümer.102 Besonders im saarländischen und im kurpfälzischen Raum sind die Quellen stark herr- schaftlich geprägt. Natürlich geht es aber auch hier um die innere Organisation der Gemeinde und um die Beziehungen der Untertanen zum Grund- und Niedergerichtsherrn. 
DER LANDSBRAUCH ALS ZWISCHENFORM VON WEISTUM UND GESETZ Der vorliegende Landsbrauch, der relativ spät schriftlich fixiert wurde, ist formal von einem «ländlichen Weistum», wie es Erna Patzelt oder Hermann Wiessner beschreiben, schon weit ent- fernt. Die ländlichen Weistümer sind häufig durch einen wörtlich wiedergegebenen Wechsel von Fra- gen des Richters und Antworten der Beisitzer oder Schöffen gekennzeichnet, der sich im Landsbrauch von 1667 nur noch teilweise in der Malefizgerichts- ordnung und im Schuldrecht findet. Das Erbrecht und die Polizeiordnung hingegen weisen eher die Merkmale von Gesetzen auf. In der Einleitung des Erbrechts beruft sich der Landesherr Karl Ludwig 84) Ebenda, S. 23. 85) Vgl. Theisl, Bestimmungen der Weistümer, S. 11. 86) Ebenda, S. 14. 87) LEA Landsbrauch 1682: Abschrift von Landammann Basilius Hoop. 88) Vgl. Bühler-Reimann, Warnung, S. 89. 89) Vgl. Burmeister, Vorarlberger Landsbräuche, S. 24. 90) Vgl. Theisl, Bestimmungen der Weistümer, S. 6. 91) LLA Landsbrauch 1682: Einleitung der Erbordnung, Polizeiord- nung. 92) Vgl. Theisl, Bestimmungen der Weistümer, S. 8. 93) Ebenda. 94) Vgl. Burmeister, Vorarlberger Weistümer, S. 25. 95) Vgl. Theisl, Bestimmungen der Weistümer, S. 9. 96) Vgl. Fehr, Über Weistumsforschung, S. 555. 97) Vgl. Werkmüller, Aufkommen der Weistümer, S. 59. 98) Aichhorn, Ulrike: Die Rechtstellung der Frau im Spiegel des österreichischen Weistumsrechts. Wien, 1992. (Dissertationen der Universität Salzburg. Band 33). 99) Ebenda, S. 121. 100) Vgl. Werkmüller, Aufkommen der Weistümer, S. 57. 101) Patzelt, Entstehung der Weistümer; Wiessner, Sachinhalt. 102) Eder, Irmtraut: Weistümer als Dokumente der Territorialpolitik. In: Deutsche Ländliche Rechtsquellen. Probleme und Wege der Weistumsforschung. Hrsg. Peter Blickle. 1. Auflage, Stuttgart, 1977, S. 142 f. 19
	        

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