Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2002) (101)

REZENSIONEN / «IN SCHICKSALSSCHWERER ZEIT GELANGEN DIE PARTEIEN AN EUCH ...» Die Arbeitslosigkeit, schon vor 1930 bestehend, traf die Bevölkerung von Werdenberg besonders von 1930 bis 1940 schwer. Sie lag im Bezirk weit über dem schweizerischen Durchschnitt, und sie war auch die höchste unter den Bezirken des Kan- tons. 1930 zählte man im Werdenbergischen 5,4 Prozent Arbeitslose (bezogen auf die aktive Bevöl- kerung), das waren knapp 500 Arbeitslose, davon rund 70 Frauen. In Gams war die Arbeitslosigkeit 1930 mit 10,5 Prozent der Erwerbsbevölkerung fast doppelt so hoch wie im Gesamtbezirk. Wäh- rend der ganzen Krisenzeit war aber Sevelen durch- schnittlich nicht nur im Bezirk, sondern auch im ganzen Kanton am stärksten von der Arbeitslosig- keit betroffen, wegen der dortigen krisenanfälligen Industrie. Während gesamtschweizerisch das Jahr 1936 den Zenit der Arbeitslosigkeit brachte, war dieser im Bezirk Werdenberg schon 1933 erreicht, mit insgesamt 546 Ganzarbeitslosen, das waren 6,2 Prozent, unter Einrechnung der Teilarbeitslo- sen 7,4 Prozent. Danach verharrte sie etwa auf die- sem Niveau. Die Frankenabwertung von 1936 brachte im Unterschied zur Gesamtschweiz für Werdenberg kaum eine Erleichterung, weil der Stickereiexport, der hätte profitieren können, be- deutungslos geworden war. Der Krieg veränderte alles. Schon das Jahr 1939 halbierte die Arbeitslosigkeit. Nach 1940 erreichte sie in keiner Gemeinde mehr die 1-Prozent-Marke, und bis 1945 verschwand sie praktisch ganz. Die Männer wurden periodisch in den Aktivdienst ein- gezogen. Rüstung, militärische Bauten - hier im Bereich der Festung Sargans -, Kriegswirtschaft und Mehranbau brachten vermehrt Beschäftigung. Und nach dem Kriegsende trat die allgemein be- fürchtete Nachkriegskrise nicht ein. Es gab im Bezirk Werdenberg bereits eine Ar- beitslosenversicherung durch öffentliche und pri- vate Kassen, welche der Bund und der Kanton, ge- stützt auf Gesetze der 1920er Jahre, subventionier- ten. 1931 wurde im Kanton St. Gallen die Versiche- rung für unselbständig Erwerbende obligatorisch. Diese konnten aber die Mitgliedschaft in einer Kas- se wählen, neben den öffentlichen Gemeindekas- sen etwa in einer der privaten Arbeitslosenkassen 
der Berufsverbände, der Gewerkschaften oder der Parteien. Die Bezugsdauer war begrenzt und die Auszahlungen waren nicht üppig. Immerhin schüt- tete die öffentliche «Werdenbergische Arbeitslosen- versicherungskasse», welche 1933 alle Gemeinde- kassen des Bezirks ausser Buchs umfasste und rund 550 Mitglieder (Versicherte) zählte, in jenem Jahr 208 500 Franken an arbeitslose Mitglieder aus. Waren bei Arbeitslosen die Taggelder ausge- schöpft, wurden sie «ausgesteuert» und waren auf öffentliche «Krisenhilfe» sowie auf einmalige «Aus- serordentliche Winterhilfe» angewiesen. Danach fielen sie der Armenfürsorge anheim, welche bis ins Armenhaus führen konnte. Dieses nannte man einfühlend «Bürgerheim», weil es für Ortsbürger reserviert war. Die Zahl der Bürgerheiminsassen stieg in den Krisenjahren an, so in der Gemeinde Wartau um ein Drittel, von 30 Bewohnern im Jahre 1930 auf 40 im Jahre 1938. Die Lampenfabrik Temde, 1933 in einem ehemaligen Stickereigebäude in Seve- len eröffnet 207
	        

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