Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2002) (101)

DIE LIECHTENSTEINISCHE MIGRATIONSPOLITIK CLAUDIA HEEB-FLECK / VERONIKA MARXER-GSELL Die Entstehung des liechten- steinischen Begrenzungssystems 1970 Die grösste Zuwanderung fand in Liechtenstein wie in der Schweiz in den 1960er Jahren statt. Trotz der Beschränkungsmassnahmen nahm die Auslän- derbeschäftigung erneut zu und erreichte 1970 schliesslich 53 Prozent. Im Unterschied zu den 1950er Jahren ging der Beschäftigungszuwachs nun jedoch mit einer hohen Zunahme der ausländi- schen Wohnbevölkerung einher, die bis Ende 1970 auf einen knappen Drittel der Gesamtbevölkerung anwuchs. Was waren die Ursachen dieser Entwick- lung? Was die Faktoren, die ein Unterlaufen des bereits 1962 formulierten Stabilisierungsziels er- möglichten? Als erstes ist die wirtschaftliche Entwicklung zu erwähnen, die für die 1960er Jahre mit den Stich- worten «Hochkonjunktur» und «Bauboom» cha- rakterisiert werden kann. Der Konjunkturboom ging mit einer starken Nachfrage nach Arbeitskräf- ten einher, die vom einheimischen Arbeitsmarkt schon lange nicht mehrs und vom regionalen zu- nehmend weniger befriedigt werden konnte. Das Potential an Grenzgängerinnen war weitgehend abgeschöpft, die Rekrutierung von ausländischen Arbeitskräften auf zunehmend entlegenere Ar- beitsmärkte angewiesen. Die Folge davon war eine starke Zunahme der Zuwanderung, was sich in ei-nem 
überdurchschnittlich hohen Zuwachs der aus- ländischen Wohnbevölkerung niederschlug. Die veränderten Rekrutierungsbedingungen sind aus der untenstehenden Statistik gut ablesbar. Auf eine Formel gebracht lässt sich die migrati- onspolitische Situation der 1960er Jahren folgen- dermassen beschreiben: je schwächer die Grenz- gängerbeschäftigung ausfiel, desto notwendiger wur- de der Zuzug von Aufenthalterinnen. Unter der Voraussetzung einer konstanten Nachfrage lässt sich dieser Satz nicht nur verallgemeinern sondern auch umkehren: je eingeschränkter die Beschäfti- gung von Aufenthalterinnen desto notwendiger der Rückgriff auf Grenzgängerinnen. Dies wurde in den 1950er und wird erneut in den 1980er Jahren deutlich, in denen die Grenzgängerbeschäftigung nach Aufhebung der Freizügigkeit mit der Schweiz um mehr als das Doppelte zunahm. 8) In den 1950er Jahren betrug der Anteil der Ausländerinnen am Beschäftigungszuwachs 68,4 Prozent, in den 1960er Jahren sogar 95 Prozent. 9) Nur Jahresaufenthalterinnen und Niedergelassene. 1960 beziehen sich die Angaben auf die gesainte ausländische Wohnbevölkerung. STÄNDIGE AUSLANDISCHE WOHNBEVÖLKERUNG NACH NATIONALITÄTEN9 Staatsangehörigkeit Öster- Deutsch-**Portu- Grie-Jugo- Jahr Total Schweiz 
reich land Italien Spanien gal chenland slawien *Türkei Andere 1960 4 143 1 563 1 184 836 376 184 1970 6 719 2 429 
1 858 1 165 
707 149 - 69 
101 241 1980 9 246 4 141 2 029 
1 095 880 122 - 88 293 307 291 1990 10 218 4 426 2 122 1 021 858 193 161 95 385 554 403 ** Bis 1989 unter «Andere» 
enthalten. * Bis 1979 unter «Andere» enthalten. 175
	        

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