Tunnelbau zwischen Gnalp und Steg, Triesenberg, 1946/47 Stolleneingang für den Tunnelbau im Steg, 1946/47 Charakteristisch für die wirtschaftliche Entwick- lung Liechtensteins nach 1945 ist der rasante Wan- del vom Agrar- zum Industriestaat. Der wirtschaft- liche Aufschwung basierte auf dem 1924 mit der Schweiz abgeschlossenen Zollvertrag und einer Ge- setzgebung,3 die Liechtenstein als Standort für Un- ternehmen und Sitzgesellschaften prädestinierte. Die massive Industrialisierung ging mit einem grossen Mangel an Fach- und Führungskräften ein- her, zu dem sich in den 1950er Jahren ein steigen- den Bedarf an niedrigqualifizierten Arbeitskräften gesellte. Auch in der Land- und Hauswirtschaft so- wie im Gastgewerbe herrschte grosser Arbeitskräf- temangel. Der Aufschwung rief nach einer grosszü- gigen Zulassung qualifizierter wie unqualifizierter Arbeitskräfte, was von den Wirtschaftsvertretern, der Liechtensteinischen Industriekammer und der Gewerbegenossenschaft auch artikuliert wurde.
Ganz andere Anforderungen an die Zulassungs- politik wurden von Seiten der organisierten Arbeit- nehmerschaft gestellt. Aufgrund der beschränkten Ausbildungsmöglichkeiten war das Qualifikations- niveau der einheimischen Arbeitskräfte relativ tief. Der Rückgriff der Industrie auf Fach- und Füh- rungskräfte aus dem Ausland führte in der Folge zu einer Überschichtung am Arbeitsplatz, die die Ein- heimischen in eine schwierige Konkurrenzsituation brachte. In den 1950er Jahren lautete die Haupt- forderung des Arbeitnehmerverbandes an die Aus- länderpolitik deshalb: Sicherung des Arbeitsplatzes und Gewährleistung von Aufstiegsmöglichkeiten für die liechtensteinische Arbeitnehmerschaft und insbesondere für die nachrückende Generation, den «liechtensteinischen Nachwuchs». 160