Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2001) (100)

Naturschutzgesetz von 1933 erzielt werden, um dessen Ausarbeitung sich der Historische Verein zusammen mit der Sektion Liechtenstein des er- wähnten Alpenvereins bemühte. Der Naturschutz stand aber in der Folge nie ganz oben auf der Prio- ritätenliste des Historischen Vereins. Immerhin gehörte das Vorstandsmitglied David Beck 1946 zu den Begründern eines selbständigen Liechtenstei- ner Alpenvereins, der sich sehr für die Umsetzung der Bestimmungen zum Schutz der Alpenflora ein- setzte. Die naturhistorischen und naturschützeri- schen Bestrebungen in Liechtenstein fanden im Jahrbuch zwar gelegentlich weiter ihren Nieder- schlag - soweit sie nicht in der Bergheimat veröf- fentlicht wurden -, worüber ich in einem gesonder- ten Beitrag im Band 100 des Jahrbuches berichte.20 Der moderne, auch gestaltend eingreifende Um- welt- und Naturschutz bekam aber erst durch die im europäischen Naturschutzjahr 1970 gegründete Botanisch-Zoologische Gesellschaft Liechtenstein- Sargans-Werdenberg und die 1973 ins Leben geru- fene Liechtensteinische Gesellschaft für Umwelt- schutz ein eigenes, auch durch systematische loka- le naturkundliche Forschungen gestütztes Profil. Man kann also sagen, dass auch dieser Aufgaben- bereich sich im Laufe des vergangenen Jahrhun- derts gewissermassen vom Historischen Verein emanzipierte und eine eigenständige Verankerung im kulturellen Leben des Landes fand. Vielleicht sollte man ja auch den Historischen Verein gerade- zu daran messen, an welchen Punkten es ihm im Laufe seiner hundertjährigen Existenz gelungen ist, sich sich für die Kulturgeschichte des Landes überflüssig zu machen. Überflüssig zu machen in dem Sinne, dass andere, spezialisierte Interessen- gruppen genügend Masse ansammelten, um Dinge in Gang zu setzen, die der Historische Verein von sich aus zwar ansprechen, aber niemals hätte be- wältigen können: also durch «Ausgründungen». In diesem Zusammenhang muss als eine der jüngeren Entwicklungen im Land auch das Liech- tenstein-Institut genannt werden. Dieses ist eine Institution, die sich der Historische Verein aller- dings nicht direkt auf die Fahnen schreiben kann wie etwa das Landesmuseum. Das Liechtenstein-Institut 
nimmt sich aber schwerpunktmässig zu- mindest eines Bereiches an, der sich auch beim Historischen Verein von Anfang an vertreten findet: die Rechtsgeschichte und die politische Geschichte, vor allem die Zeitgeschichte. Sie haben auf dem Benderer Kirchhügel in Forschung und Lehre eine Heimat gefunden. Das Liechtenstein-Institut stellt ein weiteres Stück Kulturgeschichte des 20. Jahr- hunderts für unser Land dar. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein Wort zur naturkundlichen Forschung anfügen, die ich in meinem diesbezüglichen Beitrag im Band 100 des Jahrbuches ausführlicher behandle.21 Wie es mit der Naturwissenschaft im Jahrbuch angefangen hat, möchte ich Ihnen doch nicht vorenthalten. Wir schreiben das Jahr 1922. Im Juni starb der langjährige erste Präsident des Vereins, Dr. Albert Schädler. Sein Nachfolger als Vorsitzender wurde Kanonikus Johann Baptist Büchel. Das erste unter seiner Federführung erschienene Jahrbuch druck- te seine auf der Jahresversammlung des Histori- schen Vereins in Eschen 1921 gehaltene Philippika über «Die Naturwissenschaft als Quelle für die Ge- schichtsforschung». Es ist dies ein schillernder Farbtupfer im Jahrbuch des Historischen Vereins. Kanonikus Büchel liess es sich angelegen sein, ge- gen die von ihm als «Affentheoretiker»22 apostro- phierten «Darwinianer» insbesondere und gegen den «Materialismus» im allgemeinen zu Feld zu ziehen. In scharfer Ablehnung der «Hypothesen» über eine Millionen Jahre dauernde Abstam- mungsgeschichte des Menschen vom Affen beharr- te er auf den «festen Tatsachen» der Geschichtsfor- schung, die für ihn weiterhin durch die biblische Schöpfungsgeschichte mit ihrem Zeithorizont von 6000 Jahren umschrieben waren. Selbst die Auf- einanderfolge von Steinzeit, Bronzezeit und Eisen- zeit in der Geschichte der Menschheit hielt er mit einem nicht näher genannten Gewährsmann für ei- nen «Schandfleck der heutigen Archäologie».23 Der ein Jahr später von Rom zum päpstlichen Haus- prälaten ernannte Kanonikus, dessen Verdienste um die Geschichte des Landes natürlich unbestrit- ten bleiben, focht noch Anfang der 1920er Jahre auf einem Schlachtfeld, das, wie man meinen soll- 22
	        

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