Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2001) (100)

so. Da gibt es vermutlich andere Gewichtungen. An- dere Interessenslagen. Aber wenn man sie nicht för- dert, werden diese Interessen auch nicht geweckt. Marie-Theres Frick: Man muss zumindest versu- chen, das Verständnis für Kultur und Geschichte zu wecken. Ich denke, wenn das Interesse auch im Moment bei vielen nicht vorhanden ist, so kann das noch kommen. Wenn man immer wieder davon hört, darauf aufmerksam gemacht wird, überlegt man sich vielleicht die Sache doch irgendwann ein- mal. Wenn wir nichts tun, verschwinden die kultu- rellen Werte stillschweigend. Aber ich bin zuver- sichtlich, dass man das geschichtliche Verständnis wecken kann. Sicherlich muss der Historische Ver- ein mehr an die Öffentlichkeit gehen oder mehr Ak- tionen starten, denn mit dem Jahrbuch allein ist es nicht getan. Volker Rheinberger: Was unter diesem Aspekt auch wichtig ist, ist die Tatsache, dass das Landesmuse- um neu entsteht. Also, dass man wieder Mittel hat, um etwas zu zeigen, um gewisse Ausstellungen zu realisieren. Dadurch bietet sich auch die Gelegen- heit, dass Lehrer wieder mit ihren Schülern ins Museum gehen können. So wie das früher gang und gäbe war. Mit dem Kunsthaus ist die Möglich- keit gegeben, sich zumindest mit der moderneren Kunst einmal auseinanderzusetzen. Und wenn der Fürst einen Teil seiner Sammlung auch noch zur Verfügung stellt, dann ergibt das ein recht breites Spektrum an Kultur, die man erleben kann, im ei- gentlichen Sinne «erleben» kann. Dadurch müsste man in der Lage sein, den jungen Leuten etwas Wichtiges zu vermitteln: Kultur als echtes Erlebnis! Und wenn man jetzt meint, dies sei nur das Pro- gramm für den Sonntagnachmittag, das Regenpro- gramm, bei dem man die Kinder nur schon damit vergrault, dass sie ins Museum gehen müssen, dann macht man einen Fehler. Ich glaube, man muss die Kinder dazu anleiten, dass so etwas zu ei- nem Erlebnis wird. Und dann müssen die Eltern, oder wer auch immer die Jugendlichen führt, sich mit der Sache auseinandersetzen und sich entspre- chend vorbereiten. 
Oder das ebenfalls aktuelle Beispiel Verfas- sungsdiskussion: Es wäre durchaus einmal sinn- voll, wenn man all jenen, die dieses Thema disku- tieren, näher bringen würde, wie damals, 1921, unsere Vorfahren für die Verfassung, für diese Frei- heiten gekämpft haben. Mit was für einem Einsatz und was für einer Energie sie sich das erkämpft ha- ben. Das sollte man heute nicht aufs Spiel setzen. Unter den damaligen Verhältnissen war dies eine enorme Leistung und nach meinem Demokratie- verständnis leitet sich daraus der Auftrag ab, das Erreichte zu schützen und nicht leichtfertig nach- zugeben. Und das muss man eben aus dem Ge- schichtsverständnis schöpfen. Ich meine, es wäre sicher richtig, wenn der His- torische Verein zum einen oder anderen Thema Stellung bezieht. Man muss sich einfach fragen, wie weit er da gehen kann. Aber Mut haben, anre- gen, Diskussionen anfangen, das sind schon Aufga- ben des Historischen Vereins. TRADITION SOLL JA NICHTS RÜCK- STÄNDIGES SEIN ODER ETWAS, DAS EINEN AN DER ZUKUNFT HINDERT Marie-Theres Frick: Ich kam durch meinen Vater5 zum Historischen Verein. Er war 35 Jahre lang im Vorstand, hat selbst Beiträge für das Historische Jahrbuch geschrieben und hat sich teilweise auch an Grabungen beteiligt. Ich kann mich noch erin- nern, dass er, da war ich noch ziemlich jung, einen Artikel über die Alemannische Zierscheibe ge- schrieben hat und ich habe immer gedacht, was tut er mit dieser Scheibe? Die ist doch alt und teilweise beschädigt. Als Kind habe ich nicht begriffen, war- um mein Vater so eine wahnsinnige Freude an die- ser Scheibe hatte und sich tagelang damit beschäf- tigte. Aber es prägt einen dann doch. Und irgend- wann fängt es einen auch an zu interessieren. Und so war es für mich selbstverständlich, selbst Mit- glied des Historischen Vereins zu werden. Volker Rheinberger: Bei uns ist Archäologie und Kunstgeschichte immer ein Thema gewesen. Schon 298
	        

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